Ich habe vor 2 oder 3 Jahren* versuchsweise zwei verschiedene Fermente angesetzt. Glas 1 (schwarzer Deckel) mit Möhrenscheiben, Zwiebeln (geviertelt) und Mairübchen sowie ein paar Knobizehen. Glas 2 nur mit Möhren- und Mairübenscheiben und ohne Knobi. Beides mit 2%iger Salzlake, wie von Marie Diederich empfohlen.
* Ganz ehrlich: Ich weiß nicht mehr genau, ob die beiden Gläser 2019 oder erst 2020 ins Regal gewandert sind. Normalerweise knipse ich solche Experimente, aber hier hab ich ausnahmsweise mal nix dokumentiert, und jetzt fällt mir das ein bisschen auf die Füße. 2 Jahre stehen diese Gläser aber mindestens rum.
Die ersten paar Tage nach dem Start waren die Deckel wie empfohlen nur leicht drauf, damit die entstehenden Gase raus können und sich kein Überdruck aufbaut. Aber als die Gasbildung dann „durch war“ (keine neuen Bläschen mehr), hatte ich die Deckel fest zugedreht. Die Gläser hatten keinerlei Überdruck, und die standen knapp 2 Jahre so bei uns in der Küche rum. Wohlgemerkt: Ungekühlt auf’m Küchenregal.
Wir haben dann ein paar Wochen gewartet, gekostet, fanden es recht lecker, aber ziiiiemlich sauer. Interessanterweise war der sonst so mäkelige große Gartenzwerg (inzwischen 10 Jahre alt) total begeistert und der größte Fan. Wir Erwachsenen fanden es zum „so essen“ eine Spur zu sauer. Ich hab inzwischen von mehreren Seiten den Tip bekommen, das in Soßen zu verwenden. Wird asapst ausprobiert.
Tja, und dann… haben wir’s da oben aufm Küchenregal …vergessen. Also so halb vergessen. Ihr kennt das: Jeder hat vermutlich irgendwas in der Küche rumstehen – oft sogar gut sichtbar – das irgendwie „passiv unsichtbar“ und trotz dass man’s im Blick hat, einfach nie genutzt wird. Ging uns mit diesen beiden Gläsern so. Die standen in zweiter Reihe hinter anderen Gläsern, die fast täglich runter genommen werden, wurden aber irgendwie ignoriert. Ich hab jetzt beim Knipsen bewusst NICHT die Staubschicht auf den Schraubdeckeln dokumentiert. (c;
Aber jetzt hatte es mich gerappelt: Ich will demnächst nen neuen Fermentier-Anlauf machen, denn diverse Ernteschwemmen stehen in den nächsten Wochen ins Haus. Also hab ich beide Gläser geöffnet, vorsichtig Proben entnommen und verkostet.
Probe auf’s Exempel
Erstmal genau gucken… Von der Seite sind keinerlei verdächtige Verfärbungen, Schlieren oder sonstwas zu sehen. Alles glasklar. Sieht schonmal gut aus.
Der verkehrt herum eingelegte Deckel da drinne verhindert, dass einzelne Stückchen auftreiben, über die Wasseroberfläche gelangen und dann schimmeln. Am äußeren Glasrand gibt’s ein paar Verfärbungen und Beläge, aber die reichen nicht bis nach innen. Vermutlich ist das eingetrocknetes Zeuch aus der Anfangsphase, wo die Deckel noch locker aufsaßen und es dort fröhlich rausblubbern konnte.
Ich würde inzwischen keine von diesen lackierten Deckeln mehr zum Beschweren nehmen, weil die a) rosten können und b) ich nicht sicher sein kann, ob sich nicht irgendwelche Stoffe aus der Beschichtung lösen und ins Ferment übergehen. Mangels Alternativen hatte ich damals halt solche Deckel verwendet, da ich weder flache Steine noch passende Glasdeckel im Haus hatte. Das ist immer noch ein offene Punkt auf meiner Liste…
Geruchsprobe: Nase gibt Grünes Licht. Die Optik ebenfalls:
Die Verkostung ergibt: Absolut genießbar und lecker! Wow!
Das letzte Mal Kosten ist deutlich über ein Jahr her, seitdem hat sich am Geschmack genau nichts geändert: Immer noch sehr sehr sauer, aber lecker. So in die Richtung „straffes Sauerkraut“, wenn ihr wisst was ich meine. Die Mairübchen sind sehr weich geworden (gleich von Beginn an übrigens), aber die Möhrenscheiben sind sogar noch knackig – das hat mich am meisten umgehauen. Hätte ich nicht erwartet, ich hatte mit labbrigen Möhren gerechnet.
Fazit
Ich finde das total faszinierend, dass man Fermente bei Zimmertemperatur (reminder: die stehen im Küchenregal!) so lange aufheben kann. Das ist ne absolut unaufwändige Art des Haltbarmachens, und funktioniert selbst nach der Zombieapokalypse, wenn Strom und Gas ausgefallen sind. (c:
Man muss halt nur den Geschmack mögen bzw. Rezepte finden, die möglichst die ganze Familie lecker findet. Aber das ist ja immer so, oder?
Oh, und: Fermente sind dodahl gesund! Was die Milchsäurebakterien da drinnen rausrülpsen, sind Vitamine! Kennt ihr noch ne andere Art des Haltbarmachens, wo das Gedöns im Glas mit der Zeit gesünder wird? Ich nicht.
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