Rambo auf der Zielgeraden

Eigentlich wollte ich euch schon eher mal wieder ein ausführlicheres Update zu Rambo geben. Allein, ich kam nicht dazu. Die Tomaten stehen ja nun schon seit Ende Mai draußen – drei Wochen also – und diese Woche fiel mir auf, dass der kleine Rambo jetzt loslegt, so vong Wachstum her. Aber so richtig. Inzwischen hat er seine Nachbartomate fast eingeholt, rein höhentechnisch. So vong Blattmasse her geht noch was, aber immerhin blüht Rambo auch schon.

Aber Daniel, …häh? Rambo, Tomaten… you lost me!

Na gut, nochmal auf Null, für alle die die Vorgeschichte nicht kennen. Stammleser mögen mir die Wiederholung verzeihen und sich in der Gewissheit wiegen, dass ich ihnen nicht böse bin, wenn sie fastforwarden (wird das getrennt oder zusammen geschrieben?) und zum Ende des Beitrages springen. Ab „Alles muss raus!“ wird’s dann aktuell. Allerdings verpasst ihr so die Fotoreihe aus Rambos Kindheit. Müsst ihr selbst wissen. (c;

Kontext

Ich ziehe meine Tomaten nicht in speziell abgemagerter Vorzuchtzerde an, sondern in reinem Kompost. Funktioniert seit Jahren gut, hat aber den Nebeneffekt, dass Samen in der Komposterde keimen, die die Heißrotte überlebt haben. Diverse Un- und Beikräuter, Gräser, Ringelblumen, Mangold und eben auch jede Menge Tomaten. Da ich seit Jahren schon sehr viele Sorten anbaue, kann ich im Gegensatz zum Spontan-Mangold (Sortenmix Rainbow, was anderes mangoldisches hab ich nicht angebaut) nie sagen, welche Tomatensorte das ist, daher sind das dann immer alles brummsche Mysterytomaten.

Lasse ich die wachsen und behandle sie gleichberechtigt mit den gezielt vorgezogenen Tomaten, entwickeln sie sich sehr oft zu den robustesten Pflanzen der Saison. Nur weiß ich dann halt nicht, welche Sorten das sind. Zumindest bis zur ersten Ernte, da erkennt man oft (nicht immer) welcher Sorte man eine zweite Chance gegeben hat.

Auch dieses Jahr hab ich wieder einige Mysterytomaten behalten, weil die eben sehr robust waren und mir es leid getan hätte, die zu jäten. Oft sprießen diese Spontantomaten erst Tage oder Wochen, nachdem die vorgezogenen Pflanzen eingetopft wurden. In den Anzuchtplatten sieht man da oft noch keine Mysteries, da keimen erstmal brav die Auserwählten:

7.3.2023

Da ich dieses Jahr sportliche 130 Pflanzen von 30 Sorten geplant und nicht für alle ausreichend Fünflitereimer* hatte, mussten einige dieser 130 Tomaten in ihren Konservendosen bleiben.

* Die sind irre praktisch für die letzten 4-8 Wochen der Vorzucht. Fragt euren Bäcker, die bekommen in solchen Gebinden Zutaten und entsorgen die regelmäßig im Müll.

Kurz vorm Umtopfen aus den Anzuchtplatten in die Dosen:

Frühe Kindheit

Irgendwann, nachdem die Kleinen in die Dosen umgezogen sind, tauchen dann plötzlich ungebetene, aber nicht ungewollte Mitbewohner auf. Hier, im ganz linken Eurobehälter – eine dieser Dosen beherbergt Klein-Rambo. Da waren die gerade frisch umgetopft. Anfang April war das:

2.4.2023

Na jedenfalls bekam Klein-Rambo eine 400 ml-Dose für sich allein. Es war ja noch jede Mange Platz im Werk I der brummschen Anzuchtstation (a.k.a. Speisekammer). Ihr könnt vorstellen, dass es arg eng hier drinne würde, wenn die alle in Fünflitereimern Platz finden müssten. Anderswo im Haus isses definitiv zu warm, die Speisekammer ist mit knapp 20° der kälteste Raum im gut isolierten Brummehausen. Außerdem sind die Pflanzlichter auch ungemütlich hell, das Wohnzimmer fiele daher eh aus.

Bleibt nur das brummsche Gartenhaus. Das hat ja extra für Vorzuchtzwecke ein transparentes Dach (Wellplatten aus Acryl) bekommen, damit möglichst viel Licht rein kann. Wärme übriges auch: Um Ostern rum hatten wir draußen unter 20°C, aber eben wolkenlos und sonnig. Drinnen gingen dadurch die Tag-Temperaturen auf über 30°C hoch.

Da die Bude aber nicht isoliert ist, herrschen nachts da drinnen maximal ein bis zwei Gräderiche über den Außentemperaturen, und da war regelmäßig noch Nachtfrost am Start. Wie wir ja alle wissen, mögen Tomaten keine Temperaturen unter 10°C. Das bringt die zwar nicht um, aber sie bekommen einen Temperaturschock und stellen erstmal das Wachstum ein, oft für Wochen.

Und jetzt versetzt euch mal in eine Tomate, die tagsüber „Sommer!“ signalisiert bekommt – knallige Sonne und schön warm – und nachts knapp am Gefrierpunkt vorbeischrammt. Hat die Bock, Energie ins Wachsen zu investieren? Hättet ihr Bock?

Genau: Nope.

Kannste jeden fragen.

Ich frag‘ aber nicht jeden, ich will das genau wissen.

Umzug ins Gewächshaus

Daher musste eine der Mysterytomaten dran glauben und Wochen vor den restlichen Teenies allein ins Gartenhaus umziehen, als einzige Gesellschaft ein Min/Max-Thermometer, an dem ich morgens vor dem Weg zur Arbeit ablesen konnte, wie kalt es in der Nacht war, und Abends geguckt hab, wie warm es maximal geworden ist.

Ein hartes Leben!

7.4.2023

Den ersten Morgen nach dem Umzug bin ich tatsächlich ganz früh zeitig raus, weil ich vor lauter Sorgen nicht mehr warten konnte. Ergebnis: Knapp über Null – und ein mopsfideler Rambo. Puh… Von da an wurde ich ruhiger.

Wieder zusammen

Drei Wochen später wurden die restlichen Tomaten in besagte Fünflitereimer getopft und kamen dann ebenfalls ins Gartenhaus. Inzwischen waren die Nachttemperaturen deutlich wärmer, aber oft immer noch unter 10°C. Damit kamen die verwöhnten Teenies sehr gut zurecht – im Gegenteil: anfangs hatten sie mit den Hitze-Spikes deutlich mehr Probleme und ließen Nachmittags und Abends öfter mal die Flügel hängen.

Aber.

Da sie bisher in der konstant 20°C warmen Speisekammer unter hellem Pflanzlicht standen, waren sie schon weeesentlich größer und weiter entwickelt als Rambo. Hier, guckt mal:

29.4.2023

Das ist deutlich, oder?

Von jetzt an konnte ich beobachten, ob und wenn ja, wie schnell Rambo aufholen würde.

Spoiler: Überraschend wenig!

Rambo wuchst zwar kontinuierlich vor sich hin, trödelte aber im Vergleich zu seinen verwöhnten Geschwistern und schaffte es nicht, aufzuholen. Hier, drei Wochen später sind die Unterschiede immer noch deutlich:

13.5.2023

Ja, Rambo hat sich in drei Wochen verdreifacht, aber die anderen Pflanzen eben auch – und das von einer viel größeren Basis aus. Von Einholen konnte also keine Rede sein. Das sieht man 5 Tage später auf diesem Gruppenbild mit Rambo genauso deutlich:

18.5.2023

Weitere drei Tage später war ich sogar fast der Meinung, dass der Abstand wieder größer wird, denn die Eimertomaten hatten in dieser Woche einen wahren Wachstumssprint hingelegt, inklusive erster Blüten!

21.5.2023

Alles muss raus!

Übers Pfingstwochenende habe ich dann alle Tomaten endgültig rausgepflanzt. Rambo kam neben genau denselben Nachbarn, neben dem er auf dem Regal gestanden hat. Ich wollte die beiden Buddies ja nicht auseinander reißen. Außerdem kann ich die so weiterhin schön vergleichen.

Leider finde ich aktuell kein schönes Foto vom frisch eingepflanzten Rambo, nur so’n wackeliges aus der Ferne. Ich bin mir aber sicher dass es eins geben muss. Wird nachgereicht, versprochen. Hier seht ihr Rambo, im mittleren Kasten:

29.5.2023

Also deutlich kleiner, das sieht man selbst auf diesem unschönen Foto.

Aber!

…ab jetzt…

Natürlich mussten alle erstmal den Raus- und Umtopfschock überwinden – die wachsen dann erstmal ein bis zwei Wochen gar nicht, bis sie sich in ihrem neuen Zuause eingerichtet haben und sich an die outdoor-Verhältnisse gewöhnt haben. Ungefiltertes Sonnenlicht, Wind, Insekten, neue Erde (mit neuem Bodenleben drin!), …alles irgendwie rauher.

Dann aber geben sie ordentlich Gas!

Meine Erwartung war, dass Rambo ab jetzt aufholen wird. Was er dann auch tat. Hier das Beweisfoto von gestern:

15.6.2023

Ja, die Pflanze im Kübel rechts neben Rambo ist deutlich größer und weiter entwickelt, aber sein linker Nachbar, der auch im Regal neben ihm stand, ist gar nicht mal mehr sooo viel größer. Rambo sticht jetzt nicht mehr so auffällig heraus wie noch vor zwei Wochen. Blüten hat er auch schon.

…und nu?

Tja, ab jetzt wird’s eigentlich erst so richtig spannend: Zwar wissen wir jetzt, dass Tomaten den von den kalten Nachttemperaturen verursachten Wachstumsrückstand in wenigen Wochen nach dem Rauspflanzen aufholen, aber ob Rambo nun tatsächlich robuster ist und besser durch den Sommer kommt, und vor allem wie der Ertrag ist – das wird sich erst im Sommer zeigen. Und im Herbst, wenn’s zunehmend ungemütlicher wird.

Nächstes Jahr wieder!

Übrigens: Der Wachstumsrückstand ist definitiv nicht allein temperaturbedingt! Eine große Rolle hat auch die Tatsache gespielt, dass ich Rambo zwischenzeitlich nicht noch einmal größergetopft hatte. Lässt man die vorgezogenen Tomaten nämlich zu lange in zu kleinen Töpfen, verlangsamen sie irgendwann das Wachstum. Was ja auch klar ist – wo sollen die Wurzeln denn auch hin, wenn der Topf so klein ist? Also lohnt es sich definitiv, vier Wochen vorm Rauspflanzen nochmal größerzutopfen, das kann ich inzwischen aus mehrfach gemachter Erfahrung sagen.

Aber dieser Platzmangel hat auch das Experiment verfälscht: Vielleicht hätte Rambo ja doch schon im Gartenhaus aufholen können, wenn er mehr untenrum Platz gehabt hätte….?

Hätte, könnte… wäre ich ein Konjunktiv, hätte ich mehr Würde.

Kein Artikel ohne Flachwitz. (c;

Nächstes Jahr werde ich also nicht nur die Tomaten eher ins Gartenhaus stellen, weil ich jetzt weiß, dass diese temperaturbedingten Wachstumsdellen später wieder aufgeholt werden – ich werde auch darauf achten, dass ich keine Pflanzen in zu kleinen Dosen lasse.

Na jedenfalls wird Rambo weiterhin genau beobachtet. Privatleben Fehlanzeige. Alles im Dienste der Wissenschaft und so.

Und vielleicht bekommen wir sogar noch raus, welche Sorte das ist?

Update 8.7.23

Drei Wochen später: Rambo ist jetzt größer als die meisten seiner Nachbarn.

Untenrum hat Rambo eine schöne Rispe mit kleinen Tomaten ausgebildet:

Das schließt schonmal alle Fleischtomatensorten aus, und generell alle, die größere und v.a. einzeln hängendeTomaten bilden. Nicht jede Sorte bildet ha solche Rispen. Ich hab noch keinen konkreten Verdacht, welche Sorte das sein könnte, aber bei den vielen Sorten (letztes Jahr ca. 2 Dutzend) merke ich mir auch nicht jede. Ich tippe momentan eher auf Supermarkttomate.

Bleibt also spannend. 🙂

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