Radieschen ernten: Hundert Schoten statt einer Knolle

Servicehinweis für Radieschenfans:

Einfach mal NICHT rechtzeitig ernten und stattdessen blühen lassen!

Das freut die summenden Gartenmitbewohner, aber vor allem wird aus jeder Blüte eine voll leckere Schote. Und statt ne einzige Knolle zu ernten, habt ihr pro Pflanze plötzlich über hundert Schoten!

Ich hab das vor Jahren mal „aus Versehen gelernt“, weil ich ein paar Radieschen vergessen hatte zu ernten. Mache ich jetzt fast nur noch so.

So kannste nicht nur einmal ernten, sondern hast ein bequemes Erntefenster von mehreren Tagen oder gar Wochen, jeden Tag eine Handvoll. Oder halt mehr, je nachdem, wieviel du gesät hast, du alter Gierschlund. (c; Viele kleine Portionen sind ja immer besser als wenn man alles auf einmal ernten muss und dann Schluss ist.

Hier, guckt mal. Das ist eine einzige Radieschenpflanze.

Jetzt, Anfang Juli blühen meine Radieschen gerade. Gesät hab ich die in der letzten Aprilwoche. Die Sorten „Sora“ und „Eiszapfen“ übrigens, falls ihr ne Sortenempfehlung wollt. Einige hab ich schon „klassisch“ geerntet und die Knollen gegessen, weil ich den Platz brauchte – dort kam die diesjährige Zucchini hin. Die übrigen hab ich wachsen und blühen lassen. Die Knollen verholzen dann, wenn die Pflanzen zu schießen beginnen:

Heute (3.7.) hab ich die allerersten winzigen Schoten entdeckt:

Die hier sind schon größer, aber bis zu deren Ernte muss ich noch etwas Geduld haben:

Die Schoten sind roh nicht so Merrettich-scharf wie die klassischen Radieschenknollen, haben also weniger Senföle. Stattdessen überraschen sie mit eine, fein pikanten Aroma mit einer leicht süßlichen Note. Erinnert so’n bissel an Zuckererbsen.

Und da die Schoten wesentlich weniger scharf sind als die Knollen (sortenabhängig, klar… aber in der Regel isses so), sind die auch für die Kids oft leckerer. Es sei denn eure Gartenzwerge haben nen Gaumen wie Conan der Barbar, klar. (c;

Radieschen sind sowieso das perfekte Kindergemüse, weil sie so schnell wachsen, dass die Gartenzwerge über wenige Wochen von der Aussaat bis zur Ernte „dranbleiben“ können, ohne wegen der langen Zeit dazwischen das Interesse zu verlieren.

Die Schoten kannste im Ganzen essen, solange sie jung und zart sind jedenfalls. Später werden sie etwas holzig – dann schneidet ihr nicht nur die Stiele, sondern auch die Spitzen ab:

Das schwarze Gekröse auf dem blauen Deckel sind übrigens die Samen der Inkagurke a.k.a. Hörnchenkürbis, das ist sehr zu empfehlen. Schon mehrfach drüber berichtet, irgendwann mach ich mal nen eigenen Artikel über dieses coole Gemüse. Aber nicht heute.

Man kann die Radieschenschoten prima an einen gemischten Salat machen oder als Rohkostbeilage verwenden. Auch lecker: Gebraten in einer Gemüsepfanne mit anderem Grünzeugs! In so ner Bowl mit diversem anderen Gemüse und Sojasauce kann ich mir die Schoten auch gut vorstellen.

Bei anderen, mit Radieschen verwandten Gemüsesorten funktioniert diese Methode ebenfalls. Auf dem folgenden Bild ist nämlich kein Radieschen, sondern ein Winterrettich der Sorte „Blauer Herbst und Winter“. Ist verwandt mit den Radieschen, schmeckt aber deutlich(!!!) schärfer. Meerettich ist’n shice dagegen. Perfekt, wenn ihr ne verstopfte Nase habt oder/und friert – einfach so nen Rettich reinschnurpsen und im Nu ist die Nase frei und ihr habt Schweißperlen auf der Stirn. Kalt ist euch dann garantiert nicht mehr!

Und wenn die Winterrüben ordentlich losblühen, sieht’s kurze Zeit später in Sachen Schoten ähnlich aus wie bei den Radieschen. Auch hier sind die Schoten deutlich weniger scharf als die Knollen.

Saatgut gewinnen

Wenn ihr auf den Schotengeschmack gekommen seid, erntet sie nicht komplett am, sondern lasst unbedingt an jeder Pflanze ein paar Schoten ausreifen und austrocknen. Schließlich braucht ihr ja Saatgut für die nächste Generation. Selbst wenn ihr Radieschen weiterhin „klassisch“ ernten wollt, also nur auf die Knolle aus seid (ihr Spießer!), solltet ihr einige Pflanzen blühen und Samen bilden lassen.

Übrigens: Immer mehrere Pflanzen zur Saatgutgewinnung nutzen, damit ihr keinen „genetischen Flaschenhals“ bekommt. Kannste jeden fragen. (c;

Packt die rascheltrockenen Schoten in ein Sieb und zerstoßt sie vorsichtig oder zerreibt sie zwischen den Händen. Die kleinen Krümel fallen durch, die großen und schweren Samen bleiben im Sieb.

Profi-Tip: Zieht euch richtig dicke Arbeitshandschuhe an – die Schoten sind nicht nur hart, sondern vorn auch arg spitz. Es sei denn natürlich ihr seht auf Piekser und Schmerzen. Auch gut, ich urteile nicht. (c;

Habt ihr die Schoten zerkrümelt, egal ob nun manuell mit Handschuhen (oder ohne, wir sprachen darüber) oder mit einem Stein, könnt ihr die großen und leichten Schotenstücke jetzt aus dem Sieb pusten. Zurück bleiben die Samen.

Zweiter Profi-Tipp: Macht das Ganze an einer Stelle im Garten, wo’s nicht auf Optik ankommt – das macht nämlich ne arge Sauerei! (c:

Wenn euch das Aussieben zuviel Mühe macht, dann lasst die trockenen Schoten einfach ganz, bis ihr sie aussäen wollt. Zerkrümelt die dann kurz vorher und sät die Schotenbruchstücke einfach mit ein – dieses Aussieben ist eigentlich nur was, um den inneren Monk ruhig zu stellen. Ist mir auch erst hinterher aufgegangen.

Bonustip: Was machste mit dem Kraut?

Zum Schluss möchte ich eure geneigte Aufmerksamkeit noch auf das Radieschenkraut lenken. Das ist ja ebenfalls essbar. Es ist sehr würzig und macht sich gut in gemischten Salaten (klar) und einige kennen vielleicht auch Radieschenkraut-Pesto. Das ist megalecker, und etwas schärfer als bspw. Möhrenkrautpesto.

Aber habt ihr das Zeuch schonmal getrunken?

Nein? Dachte ich mir. (c;

Vor zwei Jahren im Oktober hatte ich das schonmal erwähnt, ich wiederhole es aber gern nochmal:

  • etwas Apfelsaft
  • ein Apfel
  • Radieschenkraut und
  • ein paar Rukolablätter

Ab damit in den Mixer – das gibt nen leckeren und ganz bestimmt sehr gesunden Smoothie!

Update eine Woche später

Inzwischen sind ne Menge Schoten erntereif:

Groß genug dass sich das Pflücken lohnt, aber noch nicht verholzt, sondern schön zart. Und mit einer an Zuckererbsen erinnernden Süße. Voll lecker.

Ab in die Pfanne damit und mit Sojasoße oder ähnlichem anbraten!

Nachtrag

Ich habe gerade ein altes Posting von mir selbst gefunden, das ich in einer Gartengruppe im August 2021 gemacht und total vergessen hatte: Das Wichtigste daraus:

So hab ich meine diesjährigen Radieschen alle beerntet und war vollstmöglich zufrieden, aber Anfang letztere Woche dann der Schock: Jetzt blühen dieselben(!) Pflanzen ein zweites Mal!

Ja wie geil ist das denn?

Ich hatte die gedankenlos nach dem Abernten einfach stehenlassen, irgendwann dachte ich „na jetzt ist hier so’n Dschungel, lass die bis zum Herbst stehen, sammel dann die getrockneten Schoten ein und hol dir die Samen fürs nächste Jahr!“. Dann hab ich die vergessen… Und jetzt stelle ich fest, dass die nochmal loslegen. Wahnsinn, damit verdoppelt sich deren Produktivität!

Also: Nach dem Abernten der Schoten die Pflanzen erstmal stehen lassen und abwarten. Ich werde das dieses Jahr wieder tun und berichten, ob’s auch wieder ne zweite Blüte gibt.

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