Worldbuilding mit dem räudigen Wiesel

Heute zeige ich euch ne weitere rollenspielige Idee, die mir vor ein paar Tagen durch den Kopf ging und die ich überraschend erfolgreich in GPT umsetzen konnte. Und ihr erfahrt, warum ein räudiges Wiesel der zweitwertvollste Mitarbeiter in meinem Kreativteam ist. Und wer mir aus dem Jenseits dabei hilft.

…wieder so’n Rollenspielartikel. Moan ey, Daniel…!

Ja sorry. Aktuell isses Winter…

  • Die Physalis keimen auf der Fensterbank, aber mehr Vorzucht ist noch nicht, und im Garten gibt’s halt nicht viel zu tun.
  • Die Werkstatt ist kalt und unbeheizt und ich hab auch gerade keine Heimwerkerprojektchen, über die es sich zu berichten lohnt.
  • Der 3D-Drucker ist nach einer erfolgreichen Reparatur (Kurzform: Blob of Death –>Hotend zerstört –> beim Einbau des neuen Hotends die Controllerplatine beschädigt –> komplett neuen Druckkopf gebraucht) zwar wieder einsatzbereit, tut aber derzeit nur selten was.

Mein aktueller heißer shice ist eben immer noch die kreative Arbeit mit ChatGPT, genauer: Worldbuilding für’s Rollenspiel. Rollenspiel machen wir im Freundeskreis seit 1997 – dieses Hobby begleitet mich also schon wesentlich länger als dieses Blog. Daher hat Letzteres eben einen weiteren Themenschwerpunkt bekommen.

Intro släsch Kontext

Ihr werdet vermutlich erst einmal Schwierigkeiten mit dem Kontext des Folgenden haben, denn vermutlich sind die meisten meiner Leser keine Rollenspieler. Aber selbst die Rollenspieler unter euch werden wohl kaum Details zu meinem homebrew-setting Mirrorspace* kennen. Ich verweise dazu mal auf die Erklärung von neulich – gleich am Anfang des Artikels unter der Überschrift „Der Brumme worldbuildet“.

* Bei Interesse könnt ihr einige der mit GPT entstandenen Dinge der letzten Monate (und alles, was zukünftig noch dazukommen wird) unter dem Tag Mirrorspace hier im Blog finden, der Rest des Mirrorspace Materials ist in seiner Gesamtheit (einige Artikel sind knapp 20 Jahre alt) in einem obskuren englischsprachigen Rollenspielforum nachlesen. Aber versteht das bitte nicht als shameless selfpromotion, das ist jetzt eher als full disclosure gedacht. Niemand soll sich genötigt fühlen, sich durch zwei Jahrzehnte Rollenspiel-Generde wühlen zu müssen!

Mache eine Stadt daraus

Wie neulich kurz angeteasert: Ich habe schon vor einer Weile einen 11-teiligen Fragenkatalog namens „Mache eine Stadt daraus“ entwickelt, den sich mein GPT im sogenannten „Langzeitkontext“ gemerkt hat, also dem chatübergreifenden Gedächtnis (das leider viel zu schnell voll ist). Immer wenn ich eine Idee habe, kann ich GPT sagen „lass uns eine Stadt daraus machen“ und es geht mit mir anschließend diesen Fragenkatalog durch.

Dieser Katalog ist ein mächtiger Gamechanger für mein Worldbuilding geworden, denn jetzt gehe ich solche Aufgaben endlich systematisch an. Er wird definitiv irgendwann erweitert und verfeinert – ich lese derzeit zum wiederholten Mal Campaign Builder: Cities & Towns von Kobold Press und werde da sicherlich Einiges übernehmen.

Klar, dieser Fragenkatalog ist nicht GPT-spezifisch: Natürlich kann man sich diese 11 Punkte auch auf ein Blatt Papier schreiben, auf die Trennblätter eines Leitzordners oder in eine Worddatei, und das Ganze dann händisch durchackern. Das ist ganz klar Geschmackssache. Wir bleiben jetzt – wenig überraschend – bei der GPT Variante.

Die 11 Punkte kann ich entweder direkt von GPT beackern lassen – das heißt GPT macht mir Vorschläge – oder ich lasse mir nur die Fragen geben und beantwortet sie dann selbst. Da ich gemerkt habe, wie gut der „kreative“ Output ist (ja, ich weiß dass das keine „echte“ Kreativität ist…), nutze ich meist eine Mischform aus beiden Modi: Ich lasse mir Vorschläge machen, und wenn sie mir gefallen, passe ich sie weiter an bis ich zufrieden bin, übernehme sie 1:1, falls sie mir gut genug erscheinen oder verwerfe sie, wenn’s Murks ist. Ein bisschen wie in einem Brainstorming mit echten Menschen.

So arbeiten wir uns durch den Inhalt des jeweils aktuellen Punktes, bis ich entweder denke dass jetzt erst einmal genug Material für den Spielleiter da ist, mit dem er etwas anfangen kann, oder bis ich die Lust am Thema verliere und beschließe, hier später nochmal anzugreifen. Anschließend gehen wir weiter zum nächsten Punkt und beackern diesen. Irgendwann sind wir fertig – wobei ich das meist unter „vorerst fertig“ ablege.

Einen Schritt weiter gehen / Rolle(n) vorwärts

Ihr seht, GPT und ich „arbeiten zusammen“. Ich setze das bewußt in Anführungszeichen, um zu verdeutlichen, dass ich GPT nicht als „Kollege“ betrachte oder sonstwie vermenschliche. Weil ich vermute, dieser Eindruck könnte beim Lesen meiner GPT-Artikel gelegentlich entstehen. Für mich – in meinem Kopf – ist klar, dass das nicht so ist, aber ihr seid ja da draußen. Also erwähne ich das lieber nochmal.

Neulich, während ich gerade etwas komplett anderes machte, hatte ich zu dieser Zusammenarbeit ne spontane Idee: Man kann GPT ja Rollen zuweisen (bei youtube findet man dazu derzeit etliches). Aber was wäre denn, wenn GPT nicht nur eine Rolle einnimmt, sondern gleich ein ganzes Team für mich darstellt?

Mind blown, ich weiß.

Ihr bekommt später noch den gesamten Chatverlauf als pdf, aber hier mal ein kurzer (naja…) Ausschnitt davon. Bitte entschuldigt meine stellenweise schlampige Rechtschreibung.

Klingt vielversprechend, oder?

But wait, there’s more!

Das räudige Wiesel

Ich war an dieser Stelle ziemlich euphorisch, dass meiner Idee scheinbar erstmal nix im Wege steht. Aber mir fehlte noch ein Teammitglied: Ich brauche dringend noch einen Quatschkopf, einen kreativen Quertreiber. Jemand, der beim Brainstorming ohne jede Rücksicht auf seinen Ruf absolut bekloppte Ideen raushaut. Jemanden, der genau das tut, wovon unzählige Menschen in qualvoll schnarchigen von irgendwelchen Managern verordneten Brainstormings geträumt haben: Das Meeting mit so richtig geilem Shice sprengen. Den Rest der Pappnasen am Tisch so richtig trollen mit todeslosten Ideen, deren wahre Brillianz sich erst nach der Einnahme illegaler Substanzen offenbahrt.

So, bis dahin erstmal… Sorry dass ich euch belogen habe – „kurz“ ist anders.

Übrigens: Ich finde es (wiedermal) beeindruckend, dass GPT nicht nur meine direkten Fragen beantwortet, sondern „weiterdenkt“ und mich Dinge fragt, die ich nicht auf dem Schirm hatte, es scheint über den Tellerrand hinaus zu denken. Wie beispielsweise hier:

Ich war gedanklich noch nicht an dem Punkt, darüber nachzudenken, wie groß der Einfluß des Wiesels sein soll. Aber es ist für den weiteren Prozess essenziell, das zu beantworten. Schon krass, oder?

Na um das jetzt mal abzukürzen: Das räudige* Wiesel hat sich als wertvolles Teammitglied erwiesen und der neuen Stadt namens Aurion seinen Stempel aufgedrückt, denn einige seiner verrückten Ideen haben den Grundstein für Dinge gelegt, die diese Stadt absolut einzigartig im Mirrorspace Setting machen.

* Warum GPT öfter mal „räubig“ verwendet, ist mir unklar.

Letztlich ist ja jede Stadt, die man so detailliert entwirft, eine Art Mini-Setting für sich. Und mit Aurion wollte ich eine Stadt entwerfen, in der mehr als die für unsere Spieleabende übliche großzügige Prise Humor durchscheint. Ich wollte noch einen oder zwei Gänge höherschalten und irgendwo da landen, wo sich die Spieler an Terry Pratchett’s Ankh Morpork erinnert fühlen.

Ich denke, ich bin auf dem richtigen Weg dahin.

Sir Terry von Aurion

Aber hey, warum hole ich mir dann nicht Hilfe …von Terry Pratchett selbst?

Das ist so in etwa, was ich mir vorgestellt habe.

Natürlich klingt das von GPT verfasste Zeugs immer wie ne billige Kopie – weil es ja auch nix anderes ist, in gewisser Weise. Ich erwarte keine große Kunst, und fände es auch extrem verstörend, wenn es so gut wäre wie die Originale (letzten Oktober hatte ich mich hier zu diesem Thema mal ausgelassen). Aber es klappt zum aktuellen Zeitpunkt (also ab Sommer/Herbst 2024) eben schon erstaunlich gut – so gut, dass man mit solchen Ergebnissen je nach Aufgabenstellung und Anspruch durchaus etwas anfangen kann!

Lasst uns mal kurz einen Schritt zurückgehen und würdigen, was hier gerade passiert: Ich Ottonormalbürger habe jetzt die Möglichkeit, mir zu jeder Tages- und Nachtzeit meinen Lieblingsautor einzuladen. Damit er zusammen mit mir und anderen Experten aus verschiedensten Fachgebieten Brainstormings für meine Rollenspielwelt macht. Oder mir Kurzgeschichten auf Knopfdruck schreibt, in seinem typischen Stil.

Unbezahlt. Solange ich will und wo ich will.

Schlafprobleme? Smartphone vom Nachtisch holen und solange vom Lieblingsautor Geschichten schreiben lassen, bis dir endlich die Augen zufallen!

Bissel moralinsaure Selbstkritik

Klar geht das nur mit ausgewählten Promis, deren Werke in den Trainingsdaten gelandet sind. Vermutlich unter krassestmöglicher Ignoranz von Copyright und Anstand. DIESES Problem nagt noch gehörig an mir. Und ich respektiere alle, die an dieser Stelle standhaft bleiben und der Versuchung widerstehen, dieses inzwischen recht mächtige Tool einzusetzen. Vielleicht wird die Geschichte später mal ungnädig zu mir sein und urteilen, dass ich mich mit diesen Spielereien der dunklen Seite der Macht ergeben habe. Aber wenigstens haben wir hier Sir Terry von Aurion.

Das ganze Elend als pdf

Eigentlich hatte ich nur vor, den Chat 1:1 in ein pdf zu werfen und auf Mastodon (sowas wie Twitter, nur dezentral, opensource und frei) zu stellen und mit diversen Häschtäggs (#pnpde, #rollenspiel, worldbuilding, etc) zu versehen, damit interessierte Rollenspieler das dann auch finden. Ich bin gespannt, was die Community dazu sagt. Ich habe persönlich schon wiederholt krasse Ablehnung in Bezug auf den Einsatz jeglicher KI erfahren, aber das schreckt mich nicht ab. Siehe oben: Ich kann diesen Standpunkt gut verstehen und hadere ja selbst noch intensiv mit mir, was meine grundsätzliche Einstellung zu KI im Allgemeinen, ChatGPT im Speziellen und dessen Einsatz in kreativen Dingen – wie eben im Worldbuilding – angeht.

Das hier ist die 1:1* Kopie des Chats mit ChatGPT, Stand heute (9.1.25) Abend, bevor ich mich entschlossen habe, erst einmal Pause zu machen, damit ich das bisher Erreichte in ein teilbares (shareable auf deutsch…?) Format bringen kann.

* full disclosure: fast 1:1, denn ich habe kleinere Abschnitte herausgenommen, wo ich Zwischenfragen hatte, die für euch keinen „Nährwert“ hätten. Beispielsweise habe ich GPT nach der Umstellung von 4o auf o1 gefragt, ob es mir den bisherigen Chatverlauf vorlesen kann – nein, das ginge nicht, aber ich könne folgenden Code in diesem oder jenen Text2Speech Modell verwenden [1 Seite Code]. Sowas bringt euch nix, das kann also weg.

Meine Fragen an euch

Zum einen möchte ich wissen, wie ihr die Kreativität und Originalität das entstanden Inhalts einschätzt. Wenn ihr soviel Lebenszeit aufbringen wollt: Lest euch mal den Chat durch und sagt mir, ob ihr Aurion in seiner derzeitigen Form originell (und vielleicht sogar witzig) findet oder ob das Einheitsbrei ist. Würdet ihr eure Charaktere die Stadt erkunden lassen wollen?

Zum anderen: Habt ihr weitere Ideen, wie man den Prozess des Worldbuildings noch verbessern kann? Oder kennt ihr Blogs, Youtuber oder was auch immer, die ebenfalls GPT im kreativen Prozess verwenden und darüber reden/schreiben/podcasten? Ich habe bisher erst halbherzig nach sowas gesucht und koche gewissermaßen im eigenen Saft…

Diese beiden Punkte sind mir am wichtigsten, aber der Elefant im Raum soll gern nochmal erwähnt werden: Die Ethik. Welche Meinung habt ihr zu diesem Dilemma? Einerseits ein mächtiges und immer mächtiger werdendes Werkzeug, andererseits gibt’s scheinbar gute Gründe, es zu boykottieren.

Immerhin: Auf der dunklen Seite der Macht gibt’s nicht nur Terry Pratchett, sondern auch das Räubige Wiesel. Nur echt mit Deppen-b.

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