Vorrede Släsch Einleitung Släsch Kontext:
Susanne R., eine alte Häsin unter uns Wurzelwerk-Gärtnern, hat vor ein paar Tagen eine Weltklasse-Idee vorgestellt: Ihren neuen Dörrminator. Ein Regal, das steht im fliegenvergitterten und sommerheißen Gewächshaus und in dem können jetzt diverse Gartenerzeugnisse getrocknet werden – stromlos!
Das allein ist schon ziemlich cool, but wait, there’s more: Bonuspunkte gibt’s nämlich dafür, dass man das „Gerät“ im Frühjahr als Anzuchtstation für Jungpflanzen zweitnutzen kann und den Rest des Jahres als ganz normales Regal für alles Mögliche drittnutzt. Die Regale da drin sind nämlich frei zugänglich und einfach nur rein gestellt. Minimaler Aufwand, maximaler Nutzen. Das ist wie die Vor- und Nachkulturen auf’m Beet, die vor und nach der Hauptkultur gepflanzt werden: Effizienzoptimierung at it’s best. I love it!
Solche Sachen reizen mich natürlich zuverlässig. Ich bin ja immer für Lifehacks, DIY-Projekte und Basteleien aller Art zu haben. Meine Gartenpinwand umfasst über dausend Ideen, die Themen Gartenhaus und Gewächshaus mit jeweils ca. 300 Pins nicht mitgerechnet.
Und auch jenseits der Gartenbesteleien geht mir das so. Wenn man tolle Bastelideen im Internet nicht nur angucken, sondern sammeln und nachbauen will, ist das wie der Versuch, aus nem Feuerwehrschlauch zu trinken… Blitze in Holz brennen mit nem alten Mikrowellentrafo? Klar, bastel ich nach! Ein Dörrgerät selbst bauen? Warum nicht, ist doch easy peasy! (Unsere erste Dörrte ist eine Holzkiste mit ner Pre-LED-Glühbirne als Wärmequelle und nem PC-Lüfter für den Luftzug; inzwischen steht sie bei einer anderen Wurzelwerkerin). Stromlos trocknen mach ich eh gern (guckst du hier) und Dörren ist ja generell eine meiner liebsten Konservierungsarten.
Kurz: Susannes Posting triggerte eine meiner Reflexzonen. Das war das metaphorische Hämmerchen auf’s Knie, und mein kreativer Kniesehnenreflex hat sofort reagiert.
Das i-Tüpfelchen aber war Susanne’s Namensgebung. Ihr müsst wissen, dass die cool kids der Dörrszene ihren Geräten Namen geben. Dörrte ist weit verbreitet, sozusagen das Äquivalent zu Leonie oder Luca. Unser erstes Dörrgerät (das selbstgebaute) hießt auch so. Es folgte unsere Dörrothea, ein gekauftes Gerät mit deutlich mehr Leistung (Beeketal BDA15). Und ein Trockennetz, das bislang namenlos geblieben ist. Vermutlich, weil das für mich nicht in die Kategorie „Gerät“ fiel und ich daher gar nicht auf die Idee kam, nach nem Namen suchen zu müssen.
…und dann kam Susanne mit ihrem Dörrminator. Mein erster Gedanke: „Meine Fresse ist das geil!“. Direkt danach: „Warum zum Geier bin ich da nich drauf gekommen?¿!?„. Ja, ich war ein kleines bissel neidisch. Nich viel. Nich so schlimm wie damals, also ich zum ersten Mal den Begriff „Brennholzverleih“ vernahm. Das war übel, kann ich euch sagen. Nein, ich gönne ihr den Namen natürlich. Und hey, wer bin ich schon, dass ich ein Monopol auf coole Benamsungen hätte. Aber die Idee zum folgenden Quatsch-Intro wurde aus diesem kurzen Moment des Minineids geboren.
Viel zu lange Rede, kurzer Sinn, jetzt wisst ihr worum’s geht. Es folgt ein Rezept für Tomatenleder, und niveauvolle Leser überspringen das blaue Intro.
Irgendwo tief im Inneren des brummschen Baus, in den Pausen zwischen Scheppern, rauschendem Wasserhahn und küchenartigem Geklapper hört man eine frustrierte Stimme Selbstgespräche führen. „Elender Mist, mistiger. Trocknen ohne Strom, im Gartenhaus. So ne geile Idee, und dann isdienichvonmir!„
Es scheppert wieder, anschließend hört man leise raschelnde und quietschende Geräusche, als eine Zwiebel nach der anderen gehäutet wird. „Unn schbitzenmäßisch umgesetzt, dagibdsnüschdzemeggorn. Ä baar Ebenän mähr häddse neimachn gönn, abor das lässd sich ja noch nachrüsdn. Warum binnisch da ne schon ejor droff gekomm?„
Schniefen mischt sich in das Gemurmel. „Eländor Zwiebeldamf, isch gönnt hoiln!“ Mit tränenden Augen tastet die Gestalt an der Arbeitsplatte nach dem großen chinesischen Küchenmesser und viertelt dann eine Zwiebel nach der anderen.
„Meine Gardnbude is garondiert heißor als där ihre. Da drinne ze dörrn, das hat doch sowas von off dor Hand geleschn. Mänsch Brumme! Das hädde meine Idee gewäsn sein gönn…“ Das Brabbeln macht kurz Pause. Die Gestalt konzentrieren alle Hirnzellen, die nach dem nervigen Arbeitstag noch arbeitswillig und -fähig sind, auf die Hand-Augen-Koordination, um mit dem gemein scharfen Messer keine Finger zu treffen. Oder andere Körperteile.
„Unn dann där Name! Dörrminator, echt ma! So ne gaile Schaise, warum is mir das nich eingefalln?“ Der Rest des frustrierten Gebrabbels geht im infernalischen Lärm des Mixers unter. Tomaten, Zwiebeln und diverse Gewürze werden in eine Masse verwandelt, die aussieht wie etwas, das nach einer eskalierten Party auf dem Rasen und hinter dem Schuppen zu finden ist, und über das man am besten Kalk und Vergessen streut. Ob dieser Schlotz wirklich vierundzwanzig Stunden später leckeres Tomatenleder wird? Wir werden sehen.
Das Rezept
300 gr Tomaten, 100gr Zwiebel, 2 EL geschroteten Leinsamen, 1/2 tl Salz 1/2 tl Pfeffer
Alles mixen, ca. 5 cm dick ausstreichen und dann ungefähr 8 std bei 42 grad dörren. Backpapier oder Dauerpackpapier auf die Gitter legen, aus offensichtlichen Gründen. Ist das Leder soweit getrocknet, dass es vom Backpapier abgezogen werden kann, wird es gewendet und ohne Papier fertig getrocknet.
Inspiration aus dem Buch DÖRREN: Aroma pur von Claudia Lorenz-Ladener
Also los.
Die Flohsamenschalen wollte ich als Leinsaat-Ersatz nehmen, hatte dann aber doch noch ne offene Tüte geschrotete Leinsaat gefunden. Lbeides verwendet man, um die Feuchtigkeit der Tomaten zu binden. So richtig war ich vom Geschmack dieses Zeugs noch nie begeistert – falls ihr Alternativen kennt, immer her damit!
Die Masse, die dann aus dem Blender kommt, ist überraschend blass. Ich hatte ein deutlich intensiveres Rot erwartet. Vielleicht verwässern die Zwiebeln das (immerhin 1 Teil Zwiebeln auf 3 Teile Tomaten), oder es liegt daran, dass das „Tomatenwasser“ ja von sich aus keine rote Färbung hat. Optisch lecker sieht jedenfalls anders aus:
…glaubt ihr mir nicht? Na dann geht mal etwas näher ran!
Ich erspare mir weitere wortreiche Beschreibungen der Optik dieser Masse, jedes Wort ist eins zuviel. Hoffen wir, dass es getrocknet besser aussieht.
So, und jetzt lassen wir Dörrothea zur Abwechslung mal im Gartenhaus laufen statt im Haus. Die 8 Stunden aus’m Buch kannste erfahrungsgemäß knicken, ich stelle mal 24 Stunden ein. War bisher bei Dörrtomaten so, und bei Pflaumenleder ebenfalls. Eher abbrechen kann ich ja jederzeit.
Mal sehn, ob der Ortswechsel einen Unterschied im Energieverbrauch macht, wenn die Heizspirale weniger Strom braucht, weil die Luft schon recht warm wird da drinnen. Dummerweise soll es morgen nicht mehr so heiß werden wie die letzten Tage, nur noch max. 26°C und Regen, d.h. bewölkt. Aber hey, ich werd‘ mich nach den letzten Wochen kaum beschweren, wenn’s mal regnet!
Selbst der Miez war’s zu warm dieser Tage. Kein Wunder bei dem Fell. Was willste aber auch machen, wenn ein Viertel deines Genpools von Persern stammt? Genau. Auf’m vertrockneten brummschen Rasen liegen und fotogen vor sich hin leiden.
Na büdde, hier das Endergebnis:
Schmecken tut das Ganze so lala, das dann aber auch sehr intensiv. Durch den Leinsamschrot bekommt das Tomatenleder eine unangenehm bittere Note im Abgang, leider. Wie gesagt: Leinsamschrot enthält ja viel Öl, möglicherweise war meiner schon leicht ranzig. Vielleicht schmeckt das Zeug aber auch immer so, wenn’s stundenlang erhitzt wurde…
Wenn dieses Ranz-Problem nich wäre, hättsch jetze den perfekten Chips-Ersatz. Ein bissel weniger Salz noch (1/2 TL ist wohl ne Spur zuviel). Beim nächsten Mal nehme ich stattdessen Flohsamenschalen, mal sehn ob’s damit besser wird. Vielleicht sind die ja neutraler. Aber ich werd‘ nicht wieder gleich fünf Gitter voll machen, sondern erstmal nur eins. Wieder was gelernt.
Das Praktische an Frucht- und Gemüseleder ist, dass man es mit der Schere schneiden und dann aufrollen kann. Damit passt es auch in kleinere Gläser:
Aber Daniel, was machst du denn jetzt damit, wenn’s wegen des (bzw. dem, wie der Sachse sagen täte) Leinsaatzeugs nicht so richtig schmeckt?
Gut dass ihr fragt, wie immer. Vermutlich wird’s als Tomatenmark-Ersatz verwendet, also bspw. für rote Tomatensoßen, um selbige würziger und intensiver zu machen. Definitiv werd‘ ich das auf der nächsten Pizza probieren. Mal sehn was uns sonst noch so einfällt. Wenn ihr noch Ideen habt, bittebitte her damit! (c:
Haha, hihi, so wunderbar beschrieben. Bis jetzt konnte ich mich der Dörrleidenschaft entziehen. Aber gerade hast du irgendwas in mir ausgelöst. Schon der kreativen Namensgebung wegen. Fühl mich sonst irgendwie ausgeschlossen…?
Hehe, so ging’s mir vor ein paar Jahren auch! 🙂
Bei mir war’s ein Video über Bilton dieses hier:
https://www.youtube.com/watch?v=4iluXVX2Gf4
Das hat mich damals so angefixt, dass ich Dörrte gebaut habe. Und dann kamen die Apfelringe. Die sind absolut genial, nicht nur lecker, sondern auch gesund. Die Gartenzwerge können davon gar nicht genug kriegen, und wir müssen kein schlechtes Gewissen haben, wenn wir ihnen den dritten Nachschlag geben. 🙂
Und dann kam irgendwann das Dörr-Buch. Da sind sooo viele neue Ideen drin, dass ich gar nicht wusste wo ich anfangen soll. Allerdings hat sich dann irgendwann der Anfangs-Enthusiasmus ein bisschen gelegt (ist bei mir nach ner Weile immer so…) und das Thema Dörren schlief wieder ein. Irgendwann kam’s dann aber wieder, weiß gerade nicht mehr, was der Auslöser war. Jedenfalls hab ich mir dann nach abendelanger Onlinerecherche Dörrothea geleistet (Modell BDA15 von Beeketal, im Artikel verlinkt) und dann ging’s so richtig los. Aber auch hier gab’s monatelange Dörrpausen, in denen das Gerät unbenutzt rumstand. Vermutlich ist das normal so… man kann ja gar nicht soviel essen wie man dörren möchte. 😉
Jedenfalls kann ich das Dörrbuch nur allerwärmstens empfehlen, da sind Dutzende saucoole Ideen drin! Gemüsebrühepulver, Cracker, Obst- und Gemüseleder, etc… Da weißte gar nicht, wo du anfangen sollst! 🙂
[…] Ganze ist schon wieder Wurzelwerk-inspiriert, wie schon die gestrige Geschichte mit dem Tomatenleder. Mit dieser Truppe wird’s einfach nie langweilig! […]