Tomatengeiztriebe bewurzeln. Mal wieder.

The same procedure as every year…

Iss ja nich so dass ich a) nicht schon mehr als genug Tomaten hätte und b) über das Bewurzeln von Geiztrieben nicht schon geschrieben hätte, ach wo…

Aber a) kommen die neuen Tomaten schon noch irgendwo unter – Verschenken ist zum Beispiel immer ne tolle Sache – und b) glaube ich nicht, dass jemand, den das Thema interessiert, just jetzt meinen alten 2021er Beitrag findet. Also werd‘ ich alter Wiederholungstäter einfach nochmal Bewurzeln lassen und eben auch nochmal drüber schreiben. Kann mich eh keiner dran hindern. Ätsch. (c;

Ihr seid also gewarnt: Wer schon länger Tomaten anbaut, wird hier vermutlich nicht allzuviel Neues lernen.

So, und jetzt von vorn: Stellen wir uns mal ganz dumm. Worum geht’s überhaupt?

Tomaten Ausgeizen

Die meisten Tomatensorten (ausgenommen Buschtomaten) sollte man ausgeizen, also die sog. Geiztriebe ausbrechen. Warum? Dazu später. Geduld, junge Tomatenjedis.

Geiztriebe wachsen zwischen dem Haupttrieb (also dem „Stamm“ der Tomatenpflanze) und den Blattachsen:

Na, habt ihr den Geiztrieb gefunden? Falls ihr nur grünes Chaos seht, hier ne grafische Hilfe. Rot ist der Haupttrieb der Pflanze (normalerweise sollte der eher senkrecht stehen, diese Pflanze hier braucht also dringend ne Stütze!), blau ist die Blattachse und gelb ist der Geiztrieb:

Letzterer wird jetzt ausgebrochen. Idealerweise macht man das natürlich schon viel eher, wenn der deutlich noch kleiner ist. Damit schadet man a) der Pflanze weniger und b) hat sie noch nicht so viel Energie in das Wachstum des Geiztriebes stecken müssen. Also am besten ausgeizen, sobald ihr die kleinen Scheißer bemerkt. (c;

Oder ihr lasst absichtlich welche stehen, um daraus neue Pflanzen zu ziehen. Darüber gleich mehr.

Idealerweise brecht ihr die Geiztriebe so aus, dass eine möglichst kleine Wunde zurückbleibt, denn diese offenen Stellen sind perfekte Einfallstore für Krankheitserreger. Wenn ihr das Ausbrechen nicht sauber hinbekommt oder euch das nicht traut, nehmt ne scharfe Schere und desinfiziert sie zwischen verschiedenen Pflanzen, wegen der Infektionsvermeidung! falls ihr nämlich kranke Pflanzen habt, steckt ihr sonst alle nachfolgenden an. Will keiner.

Egal ob Ausbrechen oder Ausschneiden: Am besten macht ihr das an einem warmen und trockenen Tag (nicht so wie ich heute…), damit die Bruchstelle möglichst schnell abtrocknet und sich schließt.

Perfekt ausgebrochen.

Aber, wie gesagt, eigentlich war dieser Geiztrieb schon viel zu groß… Das Ausbrechen von kleinen Geiztriebe wie diesem hier belastet die Pflanze natürlich wesentlich weniger, das leuchtet ein, oder?

Minigeiztrieb – bricht man den aus, belastet das die Pflanze kaum.

Aber manchmal übersieht man eben welche, oder hat ein paar Tage lang keine Zeit, oder verbummelt das Ausgeizen. Und dann steht man plötzlich vor solchen Emmessen hier:

Der da im Bild oben ist ne Vollkatastrophe. Der ist ja dermaßen groß, das ist fast schon ein zweiter Haupttrieb! )c:

In solchen Fällen entscheide ich mich manchmal dafür, den Geiztrieb stehen zu lassen und die Pflanze zweitriebig weiter zu führen. Da muss man ab dann natürlich doppelt diszipliniert (bzw. halb so undiszipliniert) sein mit dem weiteren Ausgeizen. Übrigens lasse ich kleinere Geiztriebe meistens auch dann stehen, wenn die schon Blüten gebildet haben.

Untenrum bitte kahl!

Und bevor ich es vergesse: Ihr entfernt bitte nicht nur die Geiztriebe, sondern auch alle kränklich aussehenden Blätter. Und – das ist besonders wichtig: Die unteren Blätter, die auf den Boden hängen und auch die, die knapp über’m Boden sind. Denn erstere werden durch den Bodenkontakt mit Pilzen infiziert, die dann die restliche Pflanze befallen und zweiteren ergeht es genauso, weil die viele Spritzer vom Gießwasser abbekommen, das vorher auf der Erde war und dann ebenfalls Pilzsporen mitbringt. Will ja keiner. Außerdem hat weniger Blattwerk mehrere Vorteile: Erstens entlastet es die Tomatenpflanze, die ihre Kraft weniger in Blätter und mehr in Früchte stecken kann. Zweitens stehen die Pflanzen luftiger und können schneller abtrockenen, das beugt Pilzbefall vor. Drittens beschatten sich die Pflanzen nicht gegenseitig.

So, jetzt wisst ihr was es mit dem Ausgeizen und mit Geiztrieben auf sich hat. Warum bewurzele ich die jetzt, und wie geht das?

Geiztriebe bewurzeln

2021 hatte ich mehrfach was über’s Bewurzeln lassen von Geiztrieben geschrieben, inklusive Weidenwasser-Experiment (hier und hier). Damals habe ich die meisten Geiztriebe erst ein paar Tage/Wochen ins Wasser gestellt und erst danach in die Erde, aber ich hatte dabei bemerkt, dass die sofort in die Erde gesteckten Triebe mindestens genauso gut und schnell bewurzeln wie die in der Vase, eigentlich sogar noch besser.

Also hab spare ich mir das – seitdem kommen alle Geiztriebe sofort in gesiebten Kompost. Die lassen dann zwar ein paar Tage lang trotz Gießen die Köpfe hängen, die allermeisten berappeln sich aber zügig und stehen dann wieder stramm wie ne Eins.

Die ideale Größe für einen Geiztrieb ist so um die 15 cm. Der hier ist etwas kleiner, aber an dem kann ich schön zeigen, worauf es ankommt:

Der hier ist ca. 10 cm lang.

Man kann ihnen nämlich der Anwachsen erleichtern, indem man ein paar der unteren Blätter entfernt. Das klingt erstmal doof, aber es funktioniert – weil dadurch weniger Wasser verdunstet. Es gibt ja anfangs noch keine Wurzeln, die für Nachschub sorgen können. Also, auch wenn’s schwer fällt: Kürzt eurem Geiztrieb beherzt ein paar Blätter weg!

Schnipp, Schnapp.

Anschließend steckt ihr den Trieb bis knapp unter die Blätter in lockere Erde, drückt ringsrum vorsichtig an und füllt nochmal Erde nach. Jetzt noch Angießen und fertsch. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Es gibt auch Bewurzelungspulver zu kaufen, das den Vorgang beschleunigen soll. Müsste man irgendwann mal in einem Vergleichsexperiment ausprobieren…

…oh halt, noch nicht fertsch – wir haben das Wichtigste vergessen: Die Beschilderung!

Sortenschilder

Wenn ihr nämlich mehrere Sorten anbaut (und wer tut das nicht), wollt ihr vermutlich auch Geiztriebe von mehren Sorten bewurzeln lassen. Und alles was zwischen einer erfolgreich bewurzelten stolzen Tochterpflanze und ihrem Status als elternloses, anonymes Findelkind steht, ist das Sortenschild. Lacht nicht. Ihr glaubt nicht, wieviele Mysterytomaten ich schon hatte, nur weil das Schild plötzlich weg war und ich Pflanze und Topf nicht mehr zuordnen konnte. Klar, die Pflanze bringt dadurch nicht eine Tomate weniger Ertrag. Und ja: Irgendwann erkennt man in der Regel auch an den Früchten, welche Sorte das ist. So wissen wir zum Beispiel inzwischen, dass eine der Mysterytomaten die der große Gartenzwerg bekommen hat, ein Sibirisches Birnchen ist – die Form der Früchte ist da eindeutig:

Rot markiert: Ein Geiztrieb. Blau: Die ersten Früchte – definitiv Sibirische Birnchen.

Aber trotzem, wenn man über Wochen nicht weiß, was da wächst… das ist dermaßen frustrierend! Also: Schilder nicht vergessen und sofort reinstecken, sobald der Geiztrieb in der Erde steckt!

Klar kann man jetzt all in gehen und das richtig chic machen, siehe hier. Wenn man die Zeit dazu hat.

Aber.

Wer recht viele Tomaten anbaut (über 100 ausgesät und inzwischen eingepflanzt, plus nochmal die heutigen Geiztriebe dazu – später mehr zu deren Zahl), der braucht hier natürlich ne schnelle und gerne auch preiswerte Lösung. Meine heißt Zazikibecher:

Falls es aufm Foto nicht deutlich genug erkennbar ist: Oben am Rand werden ca. 2 cm breite Streifen bis runter auf den Boden geschnitten (nehmt ne stabile Schere!) und unten wird dann schräg abgeschnitten, damit die Schilder ne Spitze bekommen und sich leichter in die Erde stecken lassen. Auch ganz wichtig: Verwendet nen wasserfesten Stift! Ich spreche aus Erfahrung. Schilder mit komplett abgewaschener Beschriftung in Töpfen – was ich mich da schon fazialpalmiert habe… kannste gar keinem erzählen. )c:

Diese Schilder sind natürlich alles andere als dekorativ (nicht so wie die oben verlinkte Edelvariante), aber dafür a) kostenlos, b) unkaputtbar und c) nächstes Jahr wiederverwendbar (einfach den Edding mit Aceton o. ä. entfernen).

Das Ergebnis der heutigen Aktion

Inzwischen hab ich Routine was das Ausgeizen und Einpflanzen angeht. Heute Vormittag hatte ich Hilfe vom großen Gartenzwerg, der mit seinen 10 Jahren immer öfter auch mal längere Zeit die Motivation behält und anderthalb Stunden lang toll mitgemacht hat. Dafür hatte er dann auch die erste Wahl und durfte sich soviele Exemplare aussuchen wie er wollte. Knapp 10 hat er genommen. Der kleine Gartenzwerg (bald 5 Jahre) hat sich vier Stück ausgesucht, die er mit unserer Hilfe selbst einsetzen und angießen durfte. Gießen = mit Wasser spielen und damit eh immer cool.Nach zwei Stunden war alles wieder aufgeräumt. Und mir selbst? Mir bleiben so ca. 35 neue Tomatenpflanzen:

…jawoll, richtig gerechnet: Das waren heute so ca. fuffzich Pflanzen, die jetzt zusätzlich zu den 100 schon rausgepflanzten Tomaten irgendwo hin müssen. Nein, ich hab noch keine konkreten Plätze für die. Aber ich kann die doch nicht einfach wegtun! Bisschen irre, ich weiß. (c;

Im Ernst: Ein Teil von denen wird verschenkt, ein paar Beete werden demnächst frei (der Feldsalat ist jetzt verblüht, sobald die Samen reif & geerntet sind, wird 1m² frei) und ein paar Kübel warten auch noch auf Bepflanzung. Außerdem sind die Pflanzsäcke noch leer, die ich vor den Maurerkübeln in Benutzung hatte. Wenn ich die irgendwo hinstelle, wo die Säcke selbst keine direkte Sonne bekommen, die Pflanzen da drin aber schon, dann trocknen die auch nicht ganz so schnell aus (was der Grund ist, warum ich von den Pflanzsäcken auf die Maurerkübel umgestiegen war).

Außerdem: Fuffzich Tomatenpflanzen in zwei Stunden – dieses Ausgeizen ist vom Zeitaufwand her betrachtet irre effektiv, weil die komplette Vorzucht wegfällt. Theoretisch bräuchte man also ca. 1/3 weniger Pflanzen vorziehen als man am Ende braucht. Theoretisch…

Ja klar, die Geiztriebe haben jetzt mehrere Wochen Vorsprung aufzuholen. Aber wartet mal ab – mal sehn, ob man Ende Juli und im August noch nen Unterschied zwischen Geiztrieblingen und Mutterpflanzen sieht. Und ja, man erntet etwas weniger im Frühsommer. Aber bei über 100 Pflanzen kann ich das verkraften. (c;

Update:

Am nächten Tag lassen alle erwartungsgemäß die Flügel hängen. Guckt mal, ist das nicht ein Bild des Elends? (c;

Wenn (falls…) ich daran denke, mache ich kommende Woche täglich Fotos und wir gucken mal, wie die sich entwickeln. Versprechen kann ich nix, aber ich gebe mein Bestes. (c;

…und sonst so?

Mit dem Ausgeizen und Bewurzelnlassen sind wir durch, was gibt’s noch so zu berichten?

Tomatenjauche ansetzen

Die abgeschnittenen Blätter und die nicht eingesetzten Geiztriebe wandern bei mir nicht mehr auf den Kompost, sondern in einen Eimer mit Wasser, wo sie verjaucht werden. Tomatenjauche ist nämlich gut als Dünger für Tomaten und andere Pflanzen geeignet, und angeblich auch als Schneckenabwehr (na mal sehn…)

Wie’s geht? Ihr findet online einige Rezepte, bspw. hier, ansonsten halt einfach mal googeln. Eine Rezeptvariante lief mir hier über den Weg, dort gibt’s auch Varianten für TomatenAuszug, -sud und -brühe. Fragt mich nicht nach dem Unterschied.

Tomatenauszug: 1 Handvoll des Krautes gut zerdrücken, mit 1 l Wasser ansetzen und 3 Stunden ziehen lassen. Unverdünnt auf Kohlpflanzen spritzen zur Ablenkung des Kohlweißlings. Täglich wiederholen, Mi 7 – E 8.

Tomatensud: 1.000 g frisches Kraut/1 l kochendes Wasser zuz. etwas Schmierseife zur Verstärkung nach dem Abkühlen. Gegen Blattwespenlarven, Läuse, Milben, Raupen.

Tomatenbrühe: Tomatentriebe kochen, leicht verdünnen, um den Salat gießen als Schneckenabwehr.

Tomatenjauche: 1.000 g/10 l. Ausgebrochene Geiztriebe verjauchen (Dauer 2 Wochen) und als Kopfdünger 1 : 20 einmal monatlich bei Tomatenpflanzen als Wachstumsförderer verwenden wie auch bei Bohnen, Gurken, Kohl, Kürbis, Paprika, Petersilie, Porree, Sellerie, Tomaten und Zwiebeln. Verdünnt 1 : 5 gegen den Kohlweißling verwenden wie -auszug, zweimal wöchentlich. Ebenso wie Brühe um die Salatpflanzen gießen als Schneckenabwehr, Salat auf keinen Fall benetzen. Verdünnung 1 : 1.

Quelle: https://www.bio-gaertner.de/Rezepturen-Staerkungsmittel/Kraeuterbruehen-Kraeuterjauchen-Kraeutertees-Rezepturen-und-Anwendungen

Also ich mach’s mir da einfach, kippe alle Blätter in einen 10L-Eimer, fülle bis oben mit Wasser auf, mach nen Deckel druff und gut. Immer mal gucken, umrühren und irgendwann abfüllen und schattig lagern. Hält sich ne Weile. Optional kann man gleich von Anfang an Urgesteinsmehr dazu geben, das binden den Geruch etwas.

Erste Porree/Lauchernte!

Das war mein Versuch des Wintergärtnerns. Bis vor 2 Wochen war da noch ein Frühbeetdeckel drauf, und bis vor ein paar Tagen noch hatten die Lauchse alle wahnsinnig viele Blattläuse dran, inzwischen sind die weg. Und wow, sieht der Lauch gut aus! Ich dachte ja, den könnte man schon im Winter oder spätestens Frühjahr ernten, aber da war er noch viel zu klein – der hat erst im April und vor allem im Mai so richtig losgelegt. Heute gab’s Möhreneintopf, da passt der perfekt. (c:

Fundstück im Tomatenkübel

Die dieses Jahr neu dazugekommenen Mörtelkübel auf der Terrasse sind wie immer mit Kompost befüllt worden, und da haste dann auch öfter mal solche Überraschungen drin:

Gruß aus der Küche: Eine Kartoffelschale die nicht aufgibt.

Eine Kartoffelschale, aus der ne neue Pflanze wächst. Der Hammer, oder? (c:

Leider kann die nicht im Tomatenkübel bleiben: Beides sind Nachtschattengewächse und die Kartoffeln bekommen oft sehr früh schon die Kraut- und Braunfäule, die dann auf die Tomaten überspringen täte. Deshalb sollte man beide ja auch nicht nah beieinander anpflanzen, sondern nur mit möglichst viel Abstand. Aber cool isses trotzdem, oder? (c:

6 responses to “Tomatengeiztriebe bewurzeln. Mal wieder.”

  1. […] letzte Woche zum Bewurzeln eingetopften Tomatengeiztriebe lassen immer noch die Köpfe hängen, aber das wird […]

  2. […] wieder in die Erde stecke und bewurzeln lasse. Wir sprachen darüber, langanhaltend und ausdauernd. Hier, hier, hier und hier. Beispielsweise. Aber danach, wenn die ersten Geiztriebe fleißig rumwurzeln, […]

  3. […] Pflanzen, die ich aus Geiztrieben gezogen hatte (guckst du hier), haben erwartungsgemäß ordentlich aufgeholt. Von der Größe her gibt’s kaum noch […]

  4. […] Stammleser wisst ihr natürlich, dass ich von den knapp fuffzich Tomatengeiztrieben rede. Ich bin ja immer neugierig, und da hab ich mir gedacht, dass ich doch mal nachgucken könnte, […]

  5. […] sie wieder an. Klappt mit Geiztrieben ja auch – worüber im Blog mehrfach, langanhaltend und ausdauernd berichtet wurde. […]

  6. […] gibt’s hier im Blog übrigens schon etliche Artikel. Hier beispielsweise, da sind auch die anderen Geiztiebartikel […]

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