Schnecken töten oder nicht?

Nanu, kein Wortspiel im Titel, also meint er’s heute mal ernst? Jawoll, meint er. Es geht ums Töten, und das ist kein Spaß.

Genauer gesagt um das Töten von Schnecken und anderen sogenannten „Schädlingen“ im Garten, meistens im Beet.

Ich werfe mal die folgenden – gewohnt weitschweifigen – Gedanken in die Runde. Komplett ohne Anspruch auf „Richtigkeit“. Das ist lediglich meine Meinung, und auch die kann sich im Laufe Zeit wieder ändern. Apropos Ändern: Möglicherweise füge ich diesem Artikel zukünftig Zeugs hinzu, sowohl Fotos als auch Geschreibsel. Nur damit ihr’s wisst. (c;

Ganz allgemein gesagt:

Wer essen will, muss töten.

Ich fang bewusst provokativ an, denn jetzt hab ich eure Aufmerksamkeit, hoffentlich. Raffiniert, nor? Aber jetzt ernsthaft:

Wer kein Vegetarier ist, muss Tiere töten um Fleisch zu essen. Ob ich das selbst mache oder töten lasse, ist dabei jetzt erstmal zweitens, es geht ums Prinzip. Solange Fleisch nicht in der Petrischale gezüchtet werden kann, muss jemand dafür töten.

(Dieses Petrischalenfleisch ist eines der wenigen Themen, bei denen ich spontan und auch nach längerem Nachdenken keine eigene überzeugende Meinung habe, nur einen Haufen Gedanken, die noch zu so etwas wie einer Haltung geformt werden müssen. Das sind für mich immer die spannendsten Themen, gehört aber nicht hierher.)

Man könnte den Kontext von „wer essen will, muss töten“ sogar noch gaaanz weit fassen und darauf hinweisen, dass wir bei der Gemüseernte Pflanzen töten, aber das sprengt den Rahmen der Schneckendiskussion, lassen wir das jetzt mal außen vor.

Aber.

Lasst uns mal kurz die These betrachten, dass jedes getötete Tier „gleichwertig“ ist, im Hinblick auf das Leid, das beim Töten verursacht wird. Ich lasse das Leid während des Lebens – Stichwort Massentierhaltung etc. – auch wieder außen vor. Rahmensprengung und so. Also:

Ich bin mir nicht sicher, ob Schweine bei der Schlachtung mehr leiden als die Schnecken, die wir absammeln und entweder kurz und schmerzvoll zerhacken, zertreten oder im Teich ertränken oder den Hühnern geben (wo der Tod länger dauert als beim Zerhacken, dafür aber einen „natürlichen“ Kreislauf schließt) oderoderoder.

Dazu zwei brummsche Abschweifungen:

  1. In unserem Teich fressen die Karpfen die reingeworfenen Schnecken. Damit ertrinken letztere nicht mehr langsam, ergo weniger Leid. Erstere essen wir wiederum nicht, die dürfen alt werden. Wäre auch zu eklig sonst, vom gesundheitlichen Aspekt mal ganz abgesehen:
  2. Schnecken haben wohl ne Menge fieser Parasiten, und die können auf andere Tiere übergehen. Deshalb verfüttert man die eigentlich auch nicht an die Hühner. Und – Achtung, Triggeralarm: Es soll angeblich schon Leute gegeben haben, die als Mutprobe Schnecken gegessen haben (keine Speiseschnecken jetzt, sondern die ganz ordinären Nacktschnecken) und dann jämmerlich an den Parasiten zugrunde gegangen wären. Kann aber auch eine urban legend sein, ich hab dieser Geschichte nicht hinterher recherchiert.

Auf der einen Seite stirbt ein Schwein, damit für Fleisch auf den Teller bekommen, auf der anderen Seite die Schnecken, damit wir Salat/Kartoffeln/etc haben. Soviel zu Schwein und Schnecke. Beide leiden beim Sterben irgendwie. Das bringt uns zur nächsten Frage:

Ist das eine Tierleid „wichtiger“ oder relevanter als das andere?

Leidet eine Schnecke weniger als ein Schwein, weil sie vielleicht ein primitiveres Nervensystem hat? Ist das überhaupt so? Nächster Punkt für die „irgendwann googelst du das mal!„-Liste.

Wichtig wäre noch anzumerken, dass für dieselbe Menge Nahrung weniger Schweine als Schnecken sterben müssen, das sollte man bei dieser Betrachtung noch auf dem Schirm haben. Ein totes Schwein ernährt mehrere Menschen; wenn ich die gleiche Menge Gemüse vor den Schnecken retten will, muss ich wesentlich mehr als nur eine Schnecke töten. Details wie die Unterscheidung nach Kalorien, Vitaminen bei Fleisch und Grünzeuch ignorieren wir jetzt mal…

Die Frage ändert sich also zu:

Was ist relevanter, ein geschlachtetes Schwein oder hunderte (tausende) getöteter Schnecken?

Schwierig, oder? Und jetzt:

Was ist eigentlich mit den Insekten?

Die Trauermücken, die sich an meiner Gelbtafel zu Tode kleben, damit die vorgezogenen Pflanzen überleben? Die schwarze Bohnlaus, die ich mit diversen natürlichen Mittelchen (Milch, Knoblauchsud oder Neemöl sprühen) zu hunderten oder tausenden töten muss, damit ich meine Bohnen aufm Teller und nicht aufm Kompost habe? Kartoffelkäfer und deren Gelege, die ich absammeln muss? Die Weiße Kohlfliege und die Kohlweißlingsraupen?

Sind tote Insekten „weniger relevant“ bei dieser Betrachtung als tote Schnecken?

Weil deren Nervensystem vielleicht(?) noch primitiver ist als das der Schnecke, die wiederum …Schwein und so?

Nur um das nochmal klar zu sagen: Ich meine das alles kein bisschen rhetorisch. Ich hab an der Stelle seit Jahren ein riesiges Fragezeichen. Irgendwann sollte man sowas mal konsequent „zu Ende“ denken. Selbst wenn am Ende kein feststehendes Ergebnis rauskommt, war das dann ne wichtige und richtige Übung. Man kann das für sich selbst, also allein machen, klar. Aber am besten diskutiert man das mit Freunden, wo mehrere mit unterschiedlichen Standpunkten dabei sind – dann kommt am ehesten ein Erkenntnisgewinn dabei raus. Ziel so einer Runde ist ja nicht, dass einer den oder die anderen überzeugt, sondern dass man gemeinsam möglichst viele Aspekte des Themas beleuchtet.

Auf jeden Fall sind es nochmal deutlich mehr tote Insekten als tote Schnecken, also rein zahlenmäßig. Jawohl, das sind „nur“ Insekten, aber man kann ja Tierleid wohl kaum am Gewicht des Opfers festmachen. An der Menge der Tiere schon – wenigstens dieser eine Aspekt ist leicht zu klären:

Ein Tod ist weniger schlimm als hundert Tode.

Eine getötete Schnecke entspricht halb soviel Tierleid wie zwei tote Schnecken. Simple as that. Ob Insekten-Nervensysteme jetzt soviel weniger entwickelt sind, dass die keinen Schmerz oder Angst empfinden… zeigt mir ne überzeugende Studie die das belegt und ich wäre extrem erleichtert, ehrlich.

Ihr seht schon: Wir haben jetzt nur ne Handvoll fragen, und selbst auf denen kann man schon ganz schön lange rumkauen. Dabei sind das noch die einfacheren Fragen!

Wir haben uns beispielsweise noch gar nicht mit der Balance (oder deren Fehlen) in Ökosystemen beschäftigt. Mein Beet ist nämlich kein bisschen natürlich, selbst wenn ich komplett auf Gartenchemie verzichte! Da drin wächst was völlig anderes als drumherum: Unmengen an Pflanzen, die in natürlichen, d.h. vom Menschen halbwegs unbeeinflussten Ökosystemen kaum eine Chance hätten, und die den Tieren im Garten auch noch mega-lecker schmecken. Alles Opfer, sozusagen. Wenn ich da nicht irgendwie eingreife, gäbe es kaum etwas zu ernten für mich.

Lange Rede kurzer Sinn, ich bin für mich selbst zu folgender Erkenntnis gekommen:

Ich selbst muss als Gemüsegärtner töten, wenn ich was vom Beet essen will.

Letztes Jahr (2020) hatte ich beispielsweise mit meiner Kohlzeile fast einen Totalverlust, als gute 90% der Pflanzen von den typischen Kohlschädlingen vertilgt wurden. Ich hatte das Schutznetz zu spät draufgemacht und selbiges abschließend nicht regelmäßig gelupft, um weiter zu kontrollieren und abzusammeln. Also tummelten sich an den Blattunterseiten und Stielen Unmengen an Kohlweißlingsraupen, weißen Kohlfliegen, diversen Rüsslern. Alles was Kohl mag. Mit einem Wort: Totalverlust.

Die Brummsche Kohl-Apokalüppse 2020.

Und wenn ich (Teichgrundstück, viele Schlupfwinkel, sehr feucht) in der Schneckensaison nicht mindestens 3 Wochen lang allabendlich rumgehe und ein halbes bis ein Kilo Schnecken aufsammle, dann hätte ich so gut wie nichts zu ernten, bei den meisten Gemüsesorten.

Ergebnis einer sommerlichen Schneckenjagd. Wartet man ne Weile, wollen die nämlich wieder raus. Und ganz ehrlich? Irgendwie bricht mir dieser Anblick fast das Herz, weil ich die in dem Moment vermenschliche bzw. mich in die hineinversetze.

Friedliche Koexistenz und mit den Schnecken teilen ist zumindest in meiner Situation keine wirkliche Lösung. Ich bin kein Vegetarier, muss also auch da töten lassen wenn ich Fleisch essen will.

Ich bin ehrlich gesagt sehr erleichert darüber, dass das andere für mich machen. Müsste ich das selbst tun, wäre ich möglicherweise längst Vegetarier. Wie vermutlich die meisten von euch versuche ich möglichst wenig „konventionelles“ Fleisch zu kaufen, das ist mein Beitrag und mein Versuch, mein Gewissen zu beruhigen. Möglichst wenig Fleisch und Wurst generell, und wenn dann Bio, idealerweise irgendwie direkt vom Erzeuger (wobei wir an dieser Stelle noch großen Nachholebedarf haben), am besten Wild, das hat frei gelebt und wurde – hoffentlich – leidminimierend, d.h. schnell und sauber vom Jäger erlegt.

Und im Garten… tja, da kann ich das Töten nicht auslagern, da muss ich eben selbst ran. Schnecken werden wie oben beschrieben eingesammelt und den Karpfen überantwortet oder zertreten und dann eingesammelt (sonst locken die liegengelassenen Kadaver weitere Schnecken an). Das ist brutal und eklig, aber es geht schnell. Es ist allemal wichtiger, dass die Tiere möglichst wenig leiden. Ich ja kann meinen Ekel nicht über die Leidminimierung setzen.

Wegbringen und woanders aussetzen ist übrigens – meiner Meinung jedenfalls – zu kurz gedacht, weil man damit das Ökosystem an einem anderen Ort aus der Balance bringt. Ja, wenn man irgendwo in der Nähe ne riesige Wiese hat, wo man im Sommer allabendlich für einen Monat oder länger ein halbes bis ein Kilo Schnecken in hohem Bogen ins feuchte Gras wuppen kann, dann mag das gehen, vielleicht. Realistisch ist vermutlich das nicht, denn die meisten von uns werden so eine Riesenwiese nicht in der Nähe haben, und wenn das jeder machen würde, sind diese Abladeplätze sehr bald völlig überlastet. Dann hätten wir lediglich wiedermal das gemacht, was wir sonst auch immer tun: Natürliche Ressourcen für menschliche Nahrung vernichtet.

Und noch ein spannender Gedanke, der in so einer Diskussion mal aufkam:

Wenn unsere Gärten und Beete nicht reines Hobby wären, sondern wir darauf angewiesen wären, dann würden wir diese Diskussion vermutlich gar nicht führen.

Das ist ein ziemlich gehaltvoller Brocken. Nein, die Notwendigkeit (also wie dringend wir die Ernte brauchen) ist natürlich kein Argument, das in einer ethischen Diskussion weiterhilft. Es ist genau genommen ein ganz ein Whataboutism. Lasst uns also erst über die etischen Fragen reden und dann darüber, wie die Dringlichkeit, mit der wir die Ernte brauchen, in das Thema eingeht. Aber dass es so ist, dessen bin ich ich mir sicher. Wenn ich damit verhindern könnte, dass meine Familie hungern müsste, würde ich wesentlich unentspannter mit den Schnecken umgehen.

Puh… harter Tobak, das alles, oder?

Wenn ihr bis jetzt durchgehalten habt: Danke. Ernsthaft. Sich mit unangenehmen Themen auseinanderzusetzen, wenn man es nicht zwingend müsste, kommt bei vielen Menschen selten vor und verdient Anerkennung.

Das ist alles überhaupt kein schönes Thema, aber ein wichtiges. Wir können entweder den Kopf in den Sand stecken oder das bis zu Ende durchdenken. Ob wir dann zu dem Schluss kommen, zu teilen oder zu töten, ist dann wenigstens eine Entscheidung, die wir bewusst und informiert getroffen haben. Das nennt man dann Verantwortung übernehmen. Wir diskutieren das übrigens auch mit unseren Kindern (4 und 9 Jahre), so einfühlsam wie nur irgend möglich. Anderes Thema, verdient fast nen eigenen Artikel.

Im Sinne von „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ ist jetzt erst mal Schluss mit den

Hommage an die Schleimer

Jetzt zum etwas schöneren Teil, auch wenn viele Bilder für uns Gärtner echt ‚cringeworthy‚ sind: Ich habe dieses Jahr bewusst Schneckenmotive gesammelt. Ich hasse die Biester ja nicht. Ich finde sie sogar ziemlich faßzinierend. Und ich kann jeden verstehen, der meine Haltung absolut unmöglich findet und seine/ihr Gemüsebeet mit den kleinen Schleimern teilt. Ich halte meine Variante nicht für besser oder richtiger.

Und hey, vielleicht ändere ich meine Meinung ja auch noch irgendwann, es gibt vielleicht – hoffentlich! – andere Methoden, mein wirksam und zuverlässig zu schützen. Ablenkungsfütterung muss ich beispielsweise unbedingt mal systematisch testen: Also den Schnecken extra eigenes „Futter“ irgendwo hinlegen, damit die mein Gemüse in Ruhe lassen. Entweder außerhalb vom Beet oder in Kombination mit dem Gründüngen bzw. Mulchen.

So, und jetzt die brummsche Schneckengallerie! (c:

Beetumpuschelung: 0, Schnecke: 1.

Bei allem Futterneid (Ey, das Zeuchs da im Beet ist meins, meins, MEINS!) finde ich es total faßzinierend, wie Schnecken fressen. Da könnte ich lange zugucken, wenn… nuja, wenn die nicht MEIN mühsam angebautes Grünzeug verputzen würden. Und ja, ich stehe zu meinem Futterneid. (c;

Aber guckt euch mal den Artisten hier an!

Im Zirkus wäre der Applaus lang und laut.

Ich frage mich manchmal, was die Schnecken treibt, so weit hoch zu klettern. Sind die wirklich auf die zartesten Blätter aus? Weiter unten im Dickicht würden sie vielleicht gar nicht entdeckt… Aber scheinbar hat das evolutionär keine Rolle gespielt, bevor der Mensch zum Feind wurde. Sonst hätte sich dieses Verhalten nicht durchgesetzt.

Dasselbe hier: Es mussten tatsächlich die zarten Blattränder sein, also kriecht sie ganz nach oben, wo man sie am besten sehen kann. Ist das echt das Risiko wert gewesen?

…oder die Beiden hier:

Wenn im Lexikon noch ein Bild für den Eintrag „Präsentierteller“ gesucht wird: Ich bin zu Verhandlungen über das Foto bereit. (c;

Erdbeeren und Schnecken: Solche Bilder tun doch richtig weh, oder? Da hatte ich hauptsächlich für die Kinder geerntet, und dann findste solche Hohlkörper, die man nur noch wegschmeißen kann. Die Erdbeerernte war 2021 dank Kälte und Regen ja eh nur suboptimal, da tun Fraßschäden doppelt weh. Und derart konsequente gleich doppelt und dreifach.

Guten Appetit… )c:

Tomaten lieben sie ja auch. Keine wirkliche Überraschung, schließlich sind sie ganz heiß auf Kartoffellaub, und Tomaten sind eng mit denen verwandt. Aber Kartoffeln werden definitiv vorgezogen. Trotzdem scheinen einige Schleimer ganz heiß darauf zu sein.

Hier ein Datenpunkt zur Frage, ob sich Schnecken von Schafwolle stören lassen:

Nope, nicht die Bohne.

Und wer jetzt sagt aber aber, wer wird denn nach einem Datenpunkt gleich verallgemeinern wollen?!? – bitteschön:

Genug Datenpunkte? (c;

Kohl aller Art mögen sie ja auch. Je jünger und zarter, desto leckerer. Dafür nehmen sie richtig Mühe auf sich. Das hier ist – bzw. war – mein Wirz „A Pied Court de Plainpalais“. Ich hab’s bisher nicht geschafft, den bis zur Ernte durchzubringen. Die Dosen stehen auf so einer Plastikgartentruhe auf der Terrasse. Dorthin zu gelangen muss richtig Arbeit gewesen sein.

Manchmal bin ich auch ratlos, was die so antreibt:

Why?

Selber Tatort, andere Täterin:

Armer Wichtel.

Die guten Schnecken: Schnegel

Die einzigen Schnecken, die bei mir bleiben dürfen, sind die Schnegel. Die fressen zwar auch Grünzeug, verputzen aber wohl auch Schneckengelege, und haben sich damit ihre Aufenthaltserlaubnis verdient. Von denen haben wir die letzten Jahre immer mehr, oder wir gucken bewusster hin, seit wir von ihrer Nützlichkeit wissen und haben die früher eben einfach für gestreifte Schnecken gehalten. Will ich nicht ausschließen.

Der hier guckte aus der ehemaligen Klärgrube raus und mampfte einen verfaulten Apfel. Gut und gerne 15cm lang, und das hintere Ende verschwand im Dunkeln. Keine Ahnung wie groß der nu wirklich war. Die können richtig gigantisch werden!

Was die beiden hier vorhatten, will ich gar nicht genauer wissen…

In vielen Schneckendiskussionen die man online liest, heißt es oft dass Tigerschnegel (und vielleicht auch Schnegel generell) Schnecken fressen täten. Dann korrigiert oft jemand, sie würden nur die Gelege der Schnecken fressen, und außerdem – wie normale Schnecken auch – eben Grünzeuchs.

Ja, Schnecken sind Kannibalen, die fressen sich gegenseitig. Oft bei lebendigem Leibe.

Achtung, Triggeralarm – Zartbesaitete bitte weglesen!

Ich habe mal morgens auf dem Gartenweg zwei toten Schnecken gefunden, die sich gegenseitig „im Kreis“ aufgefressen hatten. Davon gibt’s kein Bild, aber das ist auch besser so. Ich hab ja ne recht leistungsstarke Vorstellungskraft, und für einen – viel zu langen- Moment konnte ich mein Hirn nicht davon abhalten, sich da hineinzuversetzen. Würx! )c:

Davon abgesehen, dass Schnecken selbst andere Schnecken fressen, kann ich hier noch einen Datenpunkt zu den Fressgewohnheiten der Schnegel liefern: Ich hatte neulich mitten in der Nacht mächtiges Mardergeschrei im Garten gehört und trappste daher 2:53 Uhr morgens im Garten herum, um nach den Hühnern zu gucken. In Gehege und Stall war alles in Ordnung, auf dem Gartenweg fand ich stattdessen dieses Schlachtfeld hier vor:

Die drei Asseln kommen mir vor wie Hunde, die um den gedeckten Tisch herum scharwenzeln und nur darauf warten, dass etwas für sie abfällt…

Vielleicht war die kleine Schnecke auch schon tot und der Schnegel kam nur dazu, wer weiß. Bewegt hat sie sich jedenfalls nicht mehr. Und am nächsten Morgen war nur noch ein vertrockneter Klumpen übrig.

Wenn ihr genau hinguckt, könnt ihr auf den Wegplatten weiter hinten das Gewirr an Schleimspuren erkennen. Vermutlich waren das auch noch andere Schnecken, aber vielleicht ist es ja auch das Zeugnis einer langen und vezweifelten Jagd im – jawoll! – Schneckentempo…?

Hier noch jemand mit unklaren Fressgewohnheiten:

Kurz vor 23 Uhr: Ich wollte nur fix raus auf die Terrasse und mir ein paar Salbeiblätter holen, und fand dieses Pärchen. Die saßen sich ca. 15 cm gegenüber und guckten sich an. Ich hatte mein Wischkästl natürlich nicht dabei, rannte also schnell rein.. als ich ca. 30 Sekunden später wieder draußen war, hatten beide leider schon die Stellung gewechselt. Immer noch ein schönes Motiv. (c:

In einer Onlinediskussion kam dann die Idee auf, dass Schnecken vielleicht kein Schmerzempfinden hätten. Ich glaube das zwar nicht so richtig, aber das müsste man echt mal recherchieren. Das würde mein schlechtes Gewissen bei den sommerlichen Schneckenjagden etwas mindern.

Der hier hat’s allerdings übertrieben. Das ist einfach nur frech!

Ich bin ja gastfreundlich und so, aber irgendwo ist Schluss!

Ich stelle der Miez abends meist noch ihren Rest Katzenfutter raus auf die Terrasse. Ja ich weiß, sowas lockt Marder und Waschbären an. Ich stelle auch keine vollen Näpfe hin, sondern nur kleinere Reste. Und wenn der Napf früh blitzblank war, dachte ich bis neulich immer „na fein, alles aufgefressen, die Sorte schmeckt ihr also!„. Tja, denkste.

Irgendwann fielen mir dann die verräterischen Schleimspuren rund um den Napf auf, und von da an besser aufgepasst. Bald hab ich denselben Burschen (an der Zeichnung wiedererkannt) mehrfach abends um den Napf rumschleichen sehen, als ich gerade keine Zeit hatte (musste dringend ausm Garten in die Küche, diverse Töpfe und/oder Pfannen aufm Herd bedurften des Gärtners Aufmerksamkeit). Später war er (sie?) dann weg. Heute hab ich den Mundräuber endlich in flagranti ertappt und auf die Wiese gewuppt. Nicht dass ich Hoffnung hätte, das würde das Problem erledigen.

So, das war’s erstmal mit Schnecken. Wer bis hierher durchgehalten hat: Respekt. Und Dankeschön. (c:

Kein wirklich schönes Gartenthema, aber trotzdem gibt’s da überraschend viele Interessante Dinge, wenn man erst einmal genau hinguckt. Wie eigentlich überall.

4 responses to “Schnecken töten oder nicht?”

  1. Hallo Daniel!
    Deine Ausführungen über Schnecken sind ja schon fast eine wissenschaftliche Abhandlung 🙂 Aber im Ernst, ich habe meine Gedankengänge oft darin wiedergefunden. Ich habe auch ein immens schlechtes Gefühl, wenn ich die Schnecken nach dem Sammeln alle töte, aber ich sehe darin auch den einzig gangbaren Weg. Nur wenn meine Kinder dabei sind, transferieren wir sie zu unserem weit entfernten Grundstück – das ist dann immer ein ganz lustiger Abendspaziergang. Du könntest vielleicht noch folgenden Gedanken in den Artikel aufnehmen: Das Problem mit der Lobby. Insekten und Spinnen nämlich haben – von Bienen abgesehen – fast keine Lobby, die darf man ruhig umbringen. Das sieht bei Schnecken – erstaunlicherweise – schon anders aus. Oder hast du dich schon mal gefragt, warum es so wichtig ist, wie ein Schlachthof arbeitet (ich finde das auch wichtig), sich aber kein Mensch dafür interessiert, wie aus dem Meer geholte Fische qualvoll sterben? Das liegt daran, dass bestimmt Tiere eine Lobby haben und andere eben nicht. Warum das so ist, kann ich allerdings nicht erklären.
    Herzliche Grüße aus Österreich
    Angelika

    • Der Brumme sagt:

      Hallo Angelika,

      ich stimme dir absolut zu, dass wir Tierarten unterschiedlich behandeln. Man könnte vereinfacht sagen, dass uns „schöne“ Tiere etwas weniger egal sind. Auf jeden Fall machen wir – mindestens unterbewusst – einen Unterschied zwischen verschiedenen Tiergattungen: Säugetiere lassen wir – im Schnitt, wohlgemerkt – weniger leiden als Fische und Insekten. Vielleicht weil wir uns selbst als denen am nächsten verwandt sehen, und uns in Fische und Insekten nicht oder nur schwer hineinversetzen können? Das wäre zumindest mein erster spontaner Erklärungsversuch.

      Das Grundproblem ist aber, dass wir „zivilisierten Gesellschaften“ uns nicht mehr als Teil der Welt betrachten. Ich hätte jetzt fast „als Teil der Schöpfung“ geschrieben – nicht weil ich religiös bin (nicht mehr, aber das ist ein anderes Thema). Aber „Welt“ passt besser, weil die meisten Menschen mit „Schöpfung“ nur den sichtbar lebenden Teil der Umwelt sehen, Pflanzen und Tiere also. Aber auch in den Religionen ist das ganz tief verankert, bspw im Christentum: „Seid fruchtbar und mehret euch und macht euch die Erde untertan!“ – das sagt alles. Wer sich als über der Schöpfung stehend betrachtet, der kann alles „unter ihm“ vernichten, ohne sich selbst zu gefährden. Weil man sich ja nicht als Teil des Systems sieht. Interessanterweise fehlt im Göttlichen Befehl zum Ewigen Wachstum der Hinweis, wann wir damit aufhören sollten. Aber praktischerweise haben wir mit dem Tag des Jüngsten Gerichts gleich eine Art „Mindesthaltbarkeitsdatum“ bekommen – die ganze Chose muss also gar nicht ewig halten, kein Problem also. Ich finde, dieser Blickwinkel erklärt ziemlich viel…

      Ich habe übrigens bewusst „zivilisiert“ verwendet, weil ich das von den Kulturen abgrenzen will, die wir heute unter „Stammesgesellschaften“ zusammenfassen, egal wo auf der Welt diese Menschen leben. Die haben nämlich durch die Bank ein komplett anderes Weltbild, jedenfalls dort wo sie noch ungestört von uns Rest leben: Die sehen sich als Teil der Welt und fühlen sich nicht wichtiger oder besser. Völlig logisch haben – jedenfalls meines beschränkten Wissens nach – keine dieser Gemeinschaften ein absehbares Weltende vorgesehen. Diese Menschen leben in einer „ewigen Welt“. Was ja auch klar ist, wenn man in Kreisläufen denkt.

      Diese Lebensart hat sich in ca. 3 Millionen Jahren Menschheit als evolutionär stabil herauskristallisiert, weil diese Gemeinschaften in Balance mit ihrer Umwelt leben. Bis sich dann vor ca. 10.00 Jahren im Fruchtbaren Halbmond eine Gruppe auf komplette Landwirtschaft eingeschossen hat (man könnte auch „totalitäre Landwirtschaft“ sagen), die stetige Nahrungsüberschüsse produziert und damit begonnen hat, expotenziell zu wachsen. Wie alle expotenziellen Prozesse geht das vergleichsweise lange Zeit gut (v.a verglichen mit der Lebenszeit eines Menschen, und selbst mit der Zeitdauer unseres gesellschaftlichen Gedächtnisses, das nur wenige Jahrhunderte bis Jahrtausende zurück reicht), aber es geht eben nicht endlos lange gut – und wir haben die zweifelhafte Ehre, zu den letzten paar Generationen zu gehören, die noch auf diese Art leben können.

      Ich empfehle allen die dieses Thema interessiert, die Bücher von Daniel Quinn. Ismael, Ismaels Geheimnis, The Story of B, Beyond Civilization. In ungefähr dieser Reihenfolge. Die haben vor ca. 20 Jahren mein Weltbild einmal komplett in Trümmern gelegt und dann hab ich das neu zusammengebaut. Die wichtigsten Bücher meines Lebens.

      Hier ein Essay von ihm zum „Anfixen“: https://www.ishmael.org/daniel-quinn/essays/the-new-renaissance/

      Aber sorry für die brummsche Abschweifung… jedenfalls würde keine Gesellschaft, die sich als gleichwertiger Teil der Welt betrachtet, andere Tiere bewusst leiden lassen so wie wir. Schlachthöfe, Massentierhaltung, industrielle Fischerei und massenweiser Gifteinsatz auf den Feldern wären für Stammesgesellschaften, selbst wenn sie die technischen Voraussetzungen dazu hätten, schon allein kulturell inakzeptabel, punktausende. Und deshalb werden wir das innerhalb der aktuellen Gesellschaftsordnung auch nicht wegbekommen, höchstens hier und da ein wenig gelindert bekommen – aber immer im engen Rahmen der sogenannten „wirtschaftlichen „Zwänge“. Das ist ja kein alleiniges Merkmal des Kapitalismus, das war im Sozialismus nicht anders. Beide gehören ja zu den sog. „zivilisierten“ Gesellschaften, siehe oben. Aber ich schweife schon wieder ab. 😉

      Liebe Grüße
      Daniel

  2. […] nicht? Dann guckt euch ruhig nochmal die brummsche Schnecken-Horrorschow aus dem 2021er Juli an, hier. Was wir hier schon für Akrobaten unter den Schleimern erlebt haben… kannste gar keinem […]

  3. […] mit einer Spur Sarkasmus. Ich hab mich ja selbst schon öfter über Schnecken ausgelassen, ob nun moralisch/ethisch/pseudo-philosophisch, Hausmittel-ausprobierend, handwerklich-dekorativ (hier, da und dort) oder schlicht […]

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