Schlüpfende Wildbienen: Die Rote Mauerbiene

Erinnert ihr euch an den Bericht über das brummsche Wildbienenhotel vom Oktober? Den hier?

Das zweite der beiden Hotels hatte ich ja nicht geöffnet, das hat neben der Schale mit den Kokons anfangs in der kühlen Speisekammer gestanden. Bis vor ein paar Wochen, als ich dort zwei frisch geschlüpfte Bienen vorfand, die zu zeitig dran waren. Da wurde mir klar, dass es in der Speisekammer immer noch zu warm war – also kam die ganze Baggage in die noch kältere Werkstatt. Dort herrschen im Winter schonmal Unternullgrade, daher hatte ich die Bienen ja nach ner Onlinerecherche ins Haus geholt. War ein Fehler, werde ich nicht wieder machen. Sorry Bienen, nächste Saison wird alles besser!

Da ich täglich in die Werkstatt gehe, kann ich auch täglich einen Blick auf die Kokons werfen. Und gestern hab ich bemerkt, dass die jetzt schlüpfen!

In der Bildmittte schlüpft gerade wieder eine Mauerbiene.

Also schnell alle umquartiert, auf die Terrasse an die Südwand des Hauses – Bienen mögen es ja warm. Und dann in Rekordzeit die Actioncam über der Kokonschüssel aufgebaut. Stellte sich raus, dass deren Videos gar nicht mal so gut sind, also hab ich das Wischkästel irgendwie über die Actioncam gelegt, sodass ich von oben den Bienchen ins Gesicht filmen kann (was wir Sachsen normalerweise ja nich so mögen).

Das Ganze sah dann zwar etwas wackelig aus…

…aber erfüllte voll und ganz seinen Zweck.

Very professional Tierfilmer! (c:

Über den Tag verteilt konnte ich mehrere Bienengeburten filmen. Für die beiden Gartenzwerge war das natürlich ein Fest. Und, ganz ehrlich? Die Kleinen Bienen sind sowas von erzniedlich! (c:

Die meisten – jedenfalls die, die wir beobachten konnten – haben so ungefähr ne Viertelstunde gebraucht, von „kleines Loch im Kokon“ bis zum Abflug. Da wir nicht rund um die Uhr vor der Schüssel gehockt haben, wissen wir natürlich nicht, wie lange die für diese kleinen Löcher gebraucht haben. Ich kann euch also keine Gesamtzeit nennen, wie lange so ein Bienchen braucht.

Es folgen zwei kurze Videos (jeweils ca. 6 Minuten) und ein Dreiviertelstunden-Epos, für das man vermutlich epische Geduld oder regelmäßiges Vorspulen braucht.

Viel Spaß! (c:

Teil 1

Teil 2

Das 45 Minuten-Epos

Nachtrag: Youtube zickt noch beim Hochladen des Videos rum. Also müsst ihr euch vorerst mit einer Version in niedriger Auflösung begnügen, bis ich das behoben habe.

Nachtrag/Ergänzung/Update Sonntag 27.03.2022

Ich hatte ja im Herbst, als ich das erste, wenig besetzte Hotel geöffnet hatte und in meiner Unwissenheit einigen Schaden unter den noch unterentwickelten Bienen (den Streckmaden) angerichtet hatte, in der Wurzelwerk-Gruppe nachgefragt, wie man mit solchen Hotels generell vorgehen sollte. Einige hatten daraufhin geraten, die zu zu lassen und im Frühjahr der Natur ihren Lauf zu lassen. Daraufhin blieb Hotel Zwo zu, bis jetzt.

Ok, heute hab ich es doch noch geöffnet.

Warum?

Weil ich mir nicht erklären konnte, warum die Kokons in der Schüssel zum Großteil ausgeschlüpft sind und die Lehmdeckel im zuen Hotel daneben noch alle unberührt sind. Aber ausslaggebend war, dass in einem der Löcher des Hotels ein toter Ohrenkriecher steckte. Da schwante mir Übles.

Stellt sich raus: So ganz daneben lag ich scheinbar nicht.

Der Zweite Gang von oben war komplett mit toten Ohrenkriechern gefüllt. Und in dem Fach unter der Mitte (fünftes Fach von unten gezählt) war eine Kammer voller Maden, die sich auch in den Gang davor und die Kammer dahinter ausgebreitet hatten. Vorne drin lag eine relativ weit entwickelte, aber angenagte tote Biene.

Der Grund, im Herbst die Kokons zu entnehmen, war ja dass die Parasiten nicht erst von einer Kammer in alle angrenzenden wandern sollen – man entfernt die „guten“ Kokons rechtzeitig, bevor die auch befallen werden. Das Problem dabei ist halt, dass man nen Zeitpunkt finden muss, zu dem möglichst keine unterentwickelten Bienen (die Streckmaden) mehr da sind, denn deren Kokons sind zu weich und überstehen das Rauspuhlen nicht. Vielleicht gibt es da irgendeine Art, den optimalen Zeitpunkt zu bestimmen…

Aber das Schlimmste war für mich ein paar Platten weiter dieser Anblick hier:

Eine voll entwickelte tote Biene, die es offensichtlich nicht geschafft hat, den steinharten Lehmdeckel vorn am Gang zu durchdringen. Da hätte ich heulen können, ehrlich gesagt. )c:

Eine Platte weiter gab es dann noch einen kleinen Trost: Einer der Kokons wurde gerade von innen durchgenagt – ich kam gerade rechtzeitig, um der Kleinen beim Start in die Welt zuzugucken.

Und vermutlich hat ihr meine Entscheidung das Leben gerettet: Guckt euch mal an was vor ihr gelegen hätte – drei Doppellagen Lehmwände! Das hätte sie nie im Leben geschafft, da bin ich mir mittlerweile sicher. Warum ich mir da sicher bin? Ich musste, um die Kokons sicher und ohne sie zu beschädigen, vorher jedesmal diese Lehmwände „einreißen“, damit genug Platz ist, um die Kokons rauszupuhlen, ohne sie zu zerdrücken. Das habe ich mit so nem hölzernen Gyros-Stäbchen gemacht – und dabei gemerkt, wie verdammt stabil und hart die sind.

Na jedenfalls war das Bienchen munter und flog nach ner knappen Minute weg. Ein weiteres Bienchen schlüpfte ein paar Minuten später aus einem Kokon, den ich schon zu den anderen in die Schüssel gelegt hatte. Auch der war aus einer der hintersten Kammern am Ende eines Ganges…

Insgesamt hab ich ein reichliches Dutzend Kokons gefunden, die noch intakt waren. Die Verlustrate ist – gefühlt jedenfalls, denn ich hab’s nicht ausgezählt – deutlich höher als bei dem im Herbst geöffneten Hotel.

Mein Fazit, zumindest bis ich neue Infos bekomme: Diese menschengemachten Bienenhotels funktionieren, aber nur wenn der Mensch eingreift. Ohne Zutun (also die Kokons rausholen) sind das Todesfallen für die Jungbienen. Ich weiß (noch) nicht wie das in der Natur funktioniert, aber ich vermute dass es dort selten solche Gänge gibt wie hier im MDF. In der Natur sind das Ritzen im Holz oder das Innere von Schilfrohr, und da haben auch die Kokons ne Chance, die „ganz hinten im Bus“ sind. Jedenfalls nehme ich das so an – wie gesagt, ich hab das jetzt erst eine Saison lang gemacht und hab noch jede Menge Wissenslücken. Und die gilt es bis zum Spätsommer irgendwie zu schließen.

One response to “Schlüpfende Wildbienen: Die Rote Mauerbiene”

  1. […] nach Feierabend hab ich zuhause bemerkt, dass in der Schüssel mit den Kokons (Kontext: hier und hier) ein Rostrotes Mauerbienen-Weibchen liegt. Da es heute wesentlich kälter war als gestern […]

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