Lichtenberg: Wie alles begann

Eigentlich hätte man (read: ich) mit den Anfang anfangen sollen. Eigentlich.

Anstatt die neuesten lichtengebergten Stücke zu zeigen, hätte ich mich auch erstmal darüber auslassen können, was Lichtenberg Holzbrennen eigentlich ist, wie das geht und wie man (read: ich) so ein Gerät baut. Also hole ich das hier nach, sort of. Das Folgende hatte ich nämlich schon Mitte Februar zusammengetippt:

Ich kann mir jetzt vorstellen, wie sich Dr. Frankenstein fühlt, wenn er den legendären riesigen Kippschalter umlegt – und das elektrische Gebratzel kenne ich jetzt auch in live! #irresLachenundHändereiben

Wie, was? Nein, kein DIY-Monster. Ich wollte mir schon seit Jahren so ein Lichtenberggerät bauen, mit dem man Blitze ins Holz brennen kann. Ja, das ist irre gefährlich wenn man nicht aufpasst. Aber das ist ne Kreissäge auch. Wie genau das funktioniert, könnt ihr euch bei youtube angucken – unter dem Stichwort „Lichtenberg“ und „Holz“ oder „woodburning“ findet ihr drölfzigdausend detaillierte Tutorials. Inklusive ausführlicher Sicherheitswarnungen. Der Bau an sich ist lächerlich simpel, das Gerät selbst… dazu später.

Das Wichtigste was man dazu braucht, ist ein passender Transformator (oder Trafo, wie wir cool people sagen). Den kann man für 20-30 € gebraucht beim Onlineauktionshaus seines Vertrauens kaufen.

Oder halt irgendwo ne weggeworfene Mikrowelle erbeuten. Letzteres ist mir kürzlich gelungen. Ich hab das Mikrowellentier im strömenden Regen erspäht, als es sich hinter einem Elektroaltgerätecontainer verstecken wollte, blitzschnell erlegt, in mein Auto gezerrt und …dann erst einmal ein paar Tage lang in der Werkstatt trocknen lassen, bevor ich es zerlegt und den ausgeweideten Kadaver wieder an den Tatort zurückgebracht habe.

In der Zwischenzeit habe ich noch ein paar fehlende Teile er-ebayt: ein paar Meter Hochspannungskabel und Polklemmen, also die Dinger die man am Starterkabel hat – nur 5x größer. Der rausoperierte Hochspannungstrafo durfte tagelang auf dem Ofen im Wozi durchtrocknen, damit sicher ist, dass er wirklich keine Feuchtigkeit mehr gezogen hat von seinem Aufenthalt in der winterlichen Wildnis.

Die letzten Tage hatte ich immer mal wieder ein paar Minuten an dem Gerät gewerkelt. Ich hab mir bewusst Zeit gelassen, weil die Ströme und Spannungen, die da im Betrieb fließen, richtig fies sind. Nicht nur potenziell lebensgefährlich, sondern so eher tödlich. Die Bastelvideos bei youtube sind da ziemlich eindeutig: Da geht soviel Brühe durch die Schnure, da kriegste keine zweite Chance wenn de nandadschst.

Also hab ich das auch nicht vor. Das Gerät selbst und alle dort leitenden Teile sind in einem Plastikeimer verstaut, die Kabel sind isoliert und ich trage zwei Paar Gummihandschuhe übereinander. Das Werkstück und die Elektroden stehen auf einer isolierenden Kunststoffplatte. Vor jedem Hantieren am Gerät wird die Steckdosenleiste ausgeschaltet UND der Stecker gezogen.

Das erste Mal Anschalten heute war dann auch mein persönlicher Frankenstein-Moment. Diese Vorfreude…!

Lange Rede, kurzer Sinn: Der Bau war erfolgreich, dat Dingens löppt.

…oh, wozu ich das brauche? Eigentlich gar nicht. Aber man kann damit sooo coole Muster ins Holz brennen! Vermutlich werd ich wenn die Temperaturen es wieder zulassen, ein paar dieser Blitze mit nachtleuchtendem Epoxidharz ausgießen und irgendein nice looking Deko-Holzstück pimpen. Wie es die uralte Tradition von uns Lichtenbergbrennern vorschreibt.

Und jetzt entschuldigt mich bitte, ich muss so einen antiken Riesenkippschalter aufstöbern. Und ne Lederschürze, aus so richtig dickem Rindsleder. Und ne Knochensä…ach nee, falsches Genre.

…so, das war die Initialzündung. Ein paar Tage später dann noch das hier:

…oh ich weiß was! Ich hab noch schöne getrocknete Wurzelstücke, so 20-30cm lang – die sehen aus wie Zauberstäbe von Olivanders aus der Winkelgasse! Wenn da jetzt noch Blitze draufkämen… *händereib* bin mal kurz weg!

Als wir vor 6 Jahren die großen Bäume im Garten gefällt haben, hinterließ das mehrere Holzstapel, u.a. einen großen Stapel nur mit den ausgebuddelten Wurzeln. Wurzelholz hat kaum Brennwert, weil es fast nix wiegt, das ist leicht wie ein Schwamm. Hätte man eigentlich schreddern können. Aufstapeln und Trocknen lohnt als Brennholz nicht wirklich.

Ich hab’s natürlich aufgehoben und mich gegen den halbherzigen Widerstand der vernünftigen Familienmitglieder durchgesetzt. Alles schön trocknen lassen, und dann mehrfach die schönsten Stücke aussortiert. Mir war arschklar, dass ich da irgendwann mal was draus basteln werde. Es gibt online haufenweise so Treibholz-Dekozeuchs, das wäre schonmal ein Anfang. Und an Zaubestäbe im Harry Potter Style hatte ich von Anfang an eh gedacht. Ein son Teil wurde vor Jahren auch schonmal verschenkt.

Ein paar nicht ganz so schöne Stücke hab ich fürs Rumprobieren jetzt mal rausgesucht. Spoiler: es funktioniert!

Kurz danach:

Eben kam ne Eule von Olivander aus der Winkelgasse an. Voldemort nimmt sie. Alle drei.

…so, vorsichtig die Kohle aus den Spuren rausgebürstet und im rechten Licht geknipst. Gefällt mir immer besser!

Eigentlich wöllte ich die Blitzfraß-Spuren jetzt mit nachtleuchtendem Epoxiharz ausgießen, oder mit Harz, das mit Metallic-Pigmenten durchgefärbt ist. Das Problem a.k.a. die noch nicht gelöste Herausforderung: Das funktioniert auf einer ebenen Fläche wunderbar, aber hier suppt mir die Brühe raus und tropft nach unten weg… Hmpf.

Sind schonmal fast fertige Deko-Objekte, aber halt nur fast. So ne Nahaufnahme mit dem richtigen Licht sieht immer geil aus, klar. Aber als „richtige Deko“ braucht das dann schon noch ein bisschen was drumherum. Am besten irgendwas mit nem praktische Nutzen, und da steh ich noch son bisschen aufm Schlauch.

Bisher sind die Zauberstäbe mein einziger Einfall für die Weiterverwendung. Muss mal meinen Ideenordner wälzen, ob ich da noch was anderes passendes finde. Wenn ihr Ideen habt, was man mit geblitzdingsbumstem Holz machen kann: Immerher damit!

Ich werde mal versuchsweise ein Stück einwachsen (selbstgemachte Holzpolitur aus Bienenwachs und Olivenöl) und ein Stück lackieren. Dann kommt die Maserung des Holzes noch besser zur Geltung, das macht manchmal einen Riesenunterschied.

Ich befürchte ja, dass v.a. beim Wachs die verkohlten Rückstände verschmiert werden… was schade wäre. Let’s see.

So, jetzt wisst ihr wie das ganze Lichtenberg-Zeugs bei mir angefangen hat.

ACHTUNG, HOCHSPANNUNG!
Hier fließen ca. 2000V, das ist nicht nur potenziell, sondern ziemlich sicher tödlich! Einmal kurz gegen ein unisoliertes Stück Metall gekommen – oder gegen das Holz selbst – und das war’s.

Details über die Gefahren gibt’s bspw. hier.

Falls ihr so ne Maschine nachbauen wollt, informiert euch vorher AUSFÜHRLICH über die Gefahren und wie ihr sie umgehen könnt. Und dann überlegt euch noch einmal gut, ob es euch das wirklich wert ist.

4 responses to “Lichtenberg: Wie alles begann”

  1. Michelle sagt:

    Hach – mein Wunsch hat sich erfüllt – Zack, gibt’s nach meiner Nachfrage schon ein Blog. Und was für einer! Hab dich auf meine „zu-lesen-wenns-mir-scheisse-geht-Liste“ gesetzt 😀 Kenne keinen Blogger, der so lustig schreibt und tatsächlich noch was rüberbringt.

    Eine Idee, falls du die Zauberstäbe Voldemort wieder abkaufen kannst (was ich stark hoffe, sonst geht die Welt ja mit Corona und Voldemorts Superblitzpower definitiv unter), wäre ein Traumfänger. Hab auch schon anstatt ein Kreis ein Dreieck gebunden und dann Federn und Tannzäpfchen dran gehängt.

    Freu mich schon auf weitere Beiträge

    • Der Brumme sagt:

      Boah seid ihr alle toll… Mit soviel Fanpost hatte ich echt nicht gerechnet! 🙂

      Traumfänger sind irgendwie „nicht so meins“, ich finde die optisch zwar ganz nett, aber das „click!“ fehlt bei mir. Und was inhaltlich dahinter steht, weiß ich schlicht (noch) nicht… Irgendwann recherchiere ich dem mal hinterher, das wollte ich schon vor Jahren mal machen – danke fürs Erinnern! 🙂

  2. Katharina sagt:

    Wow krass das kannte ich noch nicht, mein Mann ist angefixt. Er ist der Elektrik Freak hier und ich liebe Fraktale Na?
    Danke fürs Aufmerksam machen und natürlich ist es ganz wundervoll geschrieben.

    • Der Brumme sagt:

      Der Autor dankt artig und freut sich über dein Geschlei… dein Lob, meinte ich. 😉

      Ich bin auch nur zufällig übers Lichtenbergen gestolpert. Kann dir nichtmal mehr sagen, was ich eigentlich gesucht hatte – DAS jedenfalls nicht. Man mag ja über youtube sagen was man will und es gibt sicherlich genügend valide Gründe zum rumschümpfen*, aber es ist für sooo viele Themen ne absolute Goldgrube. Gerade wenn’s ums Heimwerkern geht, findet man zu jedem beliebigen Thema alles Mögliche. Und dann alles Unmögliche. Dasselbe bei Gartenfragen. Vom Erweitern des eigenen musikalischen Horizontes fang ich gar nicht erst an. Ne Metalversion von Roxette’s „Listen to your Heart“? Kein Problem – https://www.youtube.com/watch?v=jH-FK2RmZBo – bittedanke! Das eigentliche Problem ist ja nicht, irgendwas zu finden – man findet eigentlich alles. Im Gegenteil, es gibt einfach VIEL ZU VIEL! Ich hab oft das Gefühl, von Ideenlawinen geradezu erschlagen zu werden, das ist wie Trinken ausm Feuerwehrschlauch.

      * Ja, in Sachsen wird geschümpft und nicht geschimpft. Lebt damit. 😉

      Schaut euch bitte mehrere Lichtenberg-Anleitungen an und achtet auf die Vorsichtsmaßnahmen und Warnungen. Ich hab von Volt und Watt nur begrenzt Ahnung und glaube den Experten mal, wenn die sagen dass das ne gefährliche Sache ist. Egal wie cool geblitzdingsbumstes Holz aussieht, wenn man nach einer Lichtenbergsession selbst klein, schwarz und häßlich in der Werkstatt liegt und vor sich hin raucht, …war’s das nicht wert. Aber wenn dein Mann der Elektrik-Freak ist, wird er das sicher wissen.

      Bin auf jeden Fall gespannt was bei eurem Geblitzdingsbumse rauskommt – zeig‘ uns bitte eure Ergebnisse, wenn ihr was habt! 🙂

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