Kreativ aber häßlich, oder: die Gedemütigte Gießkanne

Kennt ihr das? Ihr habt irgendwo ne Baustelle, die seit gefühlten Ewigkeiten auf der to-do Liste steht. Immer wieder vergessen, ignoriert, aufgeschoben. Und irgendwann packt es euch und ihr wollt da nen Haken dran setzen. Jetzt, sofort. Egal was in dem Moment sonst noch alles so ansteht, die Baustelle rüpelt sich auf der to-do Liste ganz nach oben auf Platz Eins. Nichts anderes ist jetzt wichtiger.

Mir ging das gerade wiedermal so.

Der Dachrinne am Carport fehlt noch ein Rohr. Seit f*cking August. Also August 2019, nicht letzten Sommer. Nur dass euch mein Prokrastinationslevel klar ist.

Ich hatte damals ne halbgewalkte Lösung gefunden: Stellste einfach nen Pflanzturm drunter, da tropft die Brühe rein und bewässert gleich den Salat, der an den Seiten üppig rauswuchern soll. So jedenfalls der Plan.

Ging natürlich gründlich schief, pun intended:

  • Erstens stand das Rohr nie lange gerade, egal wieviele Korrektursteine ich unten drunter packte.
  • Zweitens wollte der Salat lieber sterben als aus dem Rohr rauswuchern, völlig egal dass dort feinster Kompost drinne und der Standort schön sonnig war.
  • Drittens spritzte es bei starkem Regen trotzdem noch oben raus – genau das wollte ich ja eigentlich verhindern.
  • Viertens wusch das Wasser mit der Zeit den Kompost aus, sodass nur die groben Bestandteile im Rohr blieben.
  • Fünftens ging im Laufe der Zeit die Terracottafarbe ab.

Spätestens jetzt hätte was passieren müssen. Mit Punkt fünf war die Lösung jetzt nicht nur dysfunktional, sondern auch noch häßlich. Ich kann damit leben, wenn was mal nicht funktioniert. Aber wenn’s mich dann auch noch optisch ärgert, iss Schluss.

Eigentlich.

Denn manchmal schleichen sich solche Probleme von der to-do Liste auf die eigentlich-to-do Liste. Und verbleiben dort erstaunlich lange. So lange, dass inzwischen das Holz im Spritzbereich sichtbar gelitten hat. Ich könnte mich in den Hintern beißen. Aber wie gesagt, heute war spontaner Listenplatzwechsel angesagt.

Ich hatte auch gleich ne geile Idee. Nein, nicht in den Baumarkt gehen dann ein Rohr verlegen. Langweilig. Kann ja jeder.

Das hier ist doch viel cooler:

Ne alte Gießkanne. Die muss irgendwann mal nen fiesen Unfall gehabt haben, denn der Boden ist so verbeult, dass sie nicht mehr richtig gerade stehen kann und auf beiden Seiten der Falz aufgegangen ist. Die gießt nie mehr, die ist hinüber. Zum Wegwerfen natürlich viel zu schade und als Deko-Objekt noch top.

Aber.

Wenn ich die oben an den Dachrinnenabfluss ranbammel, erfüllt sie noch einen Zweck UND sieht cool aus. Ich hätte das Problem angemessen kreativ gelöst. Oh, und: Ich würde das vom Küchenfenster aus sehen – könnte mir also täglich ob meiner Kreativität gedanklich auf die Schulter klopfen. Win-win-win.

Oder auch nicht.

Denn leider scheiterte es an der Geometrie: Ich hab zwar schnell ne praktikable Lösung gefunden, wie ich die Kanne da oben befestige (und nein, sie wäre nicht so schwer gewesen um die Rinne abzureißen), aber das Wasser wäre für meinen Geschmack immer noch zu nah an der Carportecke aus dem Schnäuzl* rausgekommen – es hätte unten wieder an die Latten gespritzt. Wer sagt, es käme nicht auf die Länge an, irrt.

* [Schnäuzl, das]: Sächsisch für Ausguß.

Also musste was längeres her. Die nächste halbe Stunde hab ich versucht, ne Ableitung aus Holz zu improvisieren. Irgendwie ein Brett schräg am Carportpfosten und am Abfluss befestigen, sodass das Wasser dort entlang läuft und vom Carpot weg geleitet wird. Klappte nicht. So gar nicht.

Irgendwann fand ich dann angeschlitzte PE-Rohrisolierung. Voll häßlich, aber… könnte klappen.

Lange Rede kurzer Sinn: Es hat geklappt.

Im Bild: Eine häßlich-kreative Lösung und eine gedemütigte Gießkanne.

Nein, ich zeig euch keine Nahaufnahme wo man die Befestigung besser sieht. Ich hätte wohl kaum ne Lösung finden können, die scheißer aussieht*, aber vorerst tut es was es soll. Ich hab mir das Ganze sogar schon schöngeredet:

  • Das Teil ist aus Schaum und damit leicht. Die Gießkanne wäre im Normalfall nicht zu schwer gewesen, aber falls darin das Wasser gefroren wäre, vielleicht doch.
  • Bei der Länge (mindestens anderthalb Meter) hätte jede Bretterlösung ne Stützkonstruktion gebraucht…
  • …und hätte ähnlich shitty ausgesehen.
  • Der Baum verdeckt das Ding zum größten Teil.

* Jawoll, ich steigere das. Versucht mich zu dran hindern.

Na bitte, geht doch. Problem gelöst.

Jetzt muss ich nur noch daran denken, die Gießkanne im Frühjahr zu bepflanzen. Das hab ich ihr nämlich versprochen, als sie so gedemütigt da lag, die Ärmste.

7 responses to “Kreativ aber häßlich, oder: die Gedemütigte Gießkanne”

  1. Martina sagt:

    So, da bin ich nun die erste, die kommentieren darf. Herrlicher Text, noch herrlichere Lösung – was sagt denn der Rest der Familie dazu?? Und wie gesagt: der Komparativ von scheiss war mir bis dato nicht bekannt, hat mich zum Lachen gebracht und mein Wochenende gerettet. Unbedingt weiter so!!! Herrlich zu lesen!

    • Der Brumme sagt:

      Bislang hat noch niemand die Lösung gesehen. Ich werde das auch nicht aktiv promoten, sondern einfach abwarten. Sollte dann Kritik kommen (verdient wäre sie!), kann ich ja entgegnen, dass meine Lösung „im Netz“ gefeiert wird. 🙂

      Die Steigerung des Stuhlgangs ist leider nicht auf meinem Mist gewachsen*, aber wie heißt es doch? Man ist nur so kreativ wie die Obskurität seiner Quellen. Auf gut deutsch: Wenn ich nachplapper und keiner weiß woher, halten mich alle für schlau.

      * Schlechter Wortwitz, ich weiß. Aber was erwartet ihr bei dem Domain Namen?

      …oh, und: Herzlichen Glückwunsch zum ersten Kommentar dieses Blogs. Wenn (nicht „falls“!) ich mal berühmt werde, kannste davon in Talkshows erzählen. Wenn (nicht „falls“!) der Lauterbach dann mal wieder den Sessel freigibt. 😉

  2. BABSI sagt:

    Lieber ‚Brumme‘!
    Ich bin erst seit Kurzem auf der Garten- Facebook- Seite, aber deine Einträge sind mir sofort aufgefallen. Sie sind der Hit.
    Damit kann dein Blog nur ein voller Erfolg werden! Ich freu mich darauf….
    lg Babsi
    P.S. diese Lösung mag funktionieren, aber sie ist grauenhaft 😉 ‚ Scheißer‘ passt da echt ausgezeichnet.

    • Der Brumme sagt:

      Noch mehr virtuelle Blumen… ihr habt ja keine Ahnung was das mit meinem Ego macht. Das kann eigentlich nur schiefgehen! 😉

      Die aktuelle Dachrinnenlösung wird vermutlich wirklich nicht lange so bleiben. Es heißt zwar immer nichts ist so dauerhaft wie das Provisorium*, aber du hast es mit „grauenhaft“ ganz gut getroffen. Ich hab noch keine finale Idee, aber die kommt schon noch…

      * der uralte „nur-so-mittel-schöne“ Teppich im Wohnzimmer, der eigentlich nur während des Einzugs den Holzfußboden schützen sollte und nach 5 Jahren immer noch da liegt sei mein Zeuge…

  3. Antje sagt:

    Hey Daniel, toll, dein blog! Freut mich, jetzt hab ich immer was Unterhaltsames zu lesen, wenn ich zeit hab und auch immer Gegenargumente, wenn mein Mann oder mein Schwiegervater (Lehrer der „alten Schule“) Deutsch-Klugscheissen („von scheisse gibts keinen komparativ, Einzig wird nicht gesteigert, der Plural von…ist nicht….“)
    Ich freu mich!
    Ach ja, ist gefrorenes Wasser schwerer als im flüssigen Zustand? 😉
    LG,
    DeinFan Antjevon lelonuk (bekannt aus unser aller heissgeliebtem Gemüsegarten-Kurs)

  4. […] so, in einem Kommentar von […]

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