TL;DR: Sonntag Nachmittag, kurz für fümpf kam ein ungewöhnlicher Gast bei uns vorbei: Ein vermutlich gerade erst flügge gewordener Graureiher. Wie wir erst später mitbekamen, mit einem Elternvogel (dazu gegen Ende mehr).
TL;DR bedeutet übrigens „Too long; didn’t read“. Seht ihr, gleich wieder was gelernt. Cool, oder? (c;
Spoiler/Vorwarnung: In diesem Artikel geht’s nur um Vögel. Wen das nicht interessiert, der kann die benötigte Lesezeit anderweitig verwenden. Ich will euch doch keine wertvolle Lebenszeit rauben.
Kurze Vorgeschichte: Wir haben seit Jahren hin und wieder mal Graureiher, die sich an den Fischen im Gartenteich gütlich tun. Der älteste Fotobeweis ist vom Winter 2006:
Der Gartenschuppen im Hintergrund steht übrigens dort, wo jetzt unser Haus wohnt. Die großen Bäume da hinten gibt’s nicht mehr, leider. Genauso wenig wie die Miez, die sich an den Reiher „anschleicht“. Der hatte sie übrigens bis auf ca. 3 m rangelassen, bevor er gelassen auf die Holzplatform in der Teichmitte flog:
Graureiher sind also gar nicht mal sooo selten bei uns. Etwas Besonderes sind sie natürlich trotzdem. Sobald diese heimlichen und scheuen Vögel einen bemerken, fliegen sie eigentlich sofort weg. Dieser Jungvogel ist noch nicht ganz so scheu. Hoffentlich wird ihm das nicht mal noch zum Verhängnis. Das eben erst flügge gewordene Jungvögel extrem gefährlich leben, habsch ja diesen Sommer erst live erleben können.
Los ging das Ganze heute wie folgt: Meine Frau stand bei der Kartoffelpyramide und unser kleiner Gartenzwerg rief der Mama von der Terrasse aus zu, dass neben ihr ein Reiher wäre. Und tatsächlich: etwa Einenmeterfuffzich neben ihr, zwischen Pyramide und Holzbank, steht ein kleiner Reiher! Von dieser Szene gibt’s natürlich kein Foto, daher hier ein Bild von neulich. Meine Frau stand ungefähr dort wo ich beim Knipsen dieses Bildes war, der Reiher stand in der halbmetrischen Lücke rechts neben der Kartoffelpyramide. Das verdeutlich recht gut, welche Meister der Tarnung diese Tiere sind!
Meine Frau wollte ihn verscheuchen – schließlich futtern die uns nach und nach den Teich leer – erreichte aber nur, dass er im ungeschickten Tiefflug über die Wiese flog und sich im Rhododendron verkroch. Danach war er erstmal zehn Minuten von der bildfläche verschwunden…
Inzwischen hatte sich das Ganze bis zu mir herumgesprochen (ich war gerade in der Werkstatt am Rumwerkeln), also hab ich mir den großen Gartenzwerg und zwei Stühle geschnappt und wir bezogen unseren Beobachtungsposten ca. 10 m vom Reiherversteck entfernt. Nach vielleicht fünf Minuten kam er mal kurz gucken, verzog sich dann aber wieder. Der Rest der Familie saß auf der Bank, die man im nächsten Foto am rechten Bildrand angeschnitten sieht, und unterhielt sich. Es war also was los im brummschen Garten – eigentlich viel zuviel für einen scheuen Graureiher. Ein erwachsener Vogel hätte längst das Weite gesucht.
Ich hab lange mit mir gerungen, ob ich versuchen soll, ein Bild aus der Nähe zu bekommen. Ich wollte den Armen ja nicht verängstigen. Schließlich hat dann doch die Gier gesiegt. Wer mit meiner Frau in einsfuffzich Entfernung klar kommt, der hält auch mich aus der dreifachen Entfernung aus.
Als er sich also wieder in den Busch verzogen hatte, bin ich la-hang-sam zum Rhododendron geschlendert und habe von hinter der Bank aus ins Dickicht geknipst. Keine Sorge – so nah wie es aufm Bild scheint war ich nicht dran. Der Zoom leistete diesmal hervorragende Arbeit, vor allem wenn man bedenkt düster es da drin war. Klappt nicht immer, aber man muss auch mal Glück haben.
Nach dem Schnappschuss bin ich wieder zum Beobachtungsposten zurück und habe geduldig gewartet. Nach einer Weile kam er wieder raus:
Das Ganze ging dann noch mehrmals hin und her, bzw. rein und raus. Ne ganze Weile stand er relativ frei draußen rum und wirkte, als wäre er unentschlossen. Ich hab das Video bewusst nicht geschnitten, damit ihr mal seht, wie heimlich und geduldig diese Vögel sind, selbst die unerfahrenen Jungvögel.
Irgendwann entschied er dann, dass es Zeit wäre, den Rest des Gartens zu erkunden:
Er marschierte in den hinteren Teil des Gartens und verschwand dann dorthin, wo der brummsche Bauhof ist. Also wo all das Zeug aufbewahrt wird, das keiner sehen will, aber in die Kategorie „das ist doch noch gut, wer weiß wozu man das mal noch braucht!“ fällt.
Tja und ab da wird’s myseriös: Diese Gartenecke ist mehr oder weniger ne Sackgasse. Dort kommt man als Reiher fliegenderdings nich mehr raus, weil von oben alles zugewachsen ist. Der unserer Meinung nach einzige Ausweg führt durch ein Loch im Zaun – aber um da durch zu kommen, hätte er einen Sandhaufen überqueren und dabei Spuren hinterlassen müssen.
Hatterabernich.
Stattdessen fanden wir kurz darauf einen prachtvollen Vogelschiss auf der Schwelle zum Gartenhaus. Um den zu setzen, hätte er aus der Bauhofsackgasse wieder rauskommen müssen. Und die hatten wir die ganze Zeit über unter Beobachtung. Dachten wir jedenfalls. Offenbar sind wir Brummes schlechte Beobachter.
Die Tür ist also offen und da drinnen isses düster – genau richtig also für jemanden der sich gern versteckt. Aber trotz penibelstmöglicher Suche: Kein Reiher. Stattdessen sah mein Bruder und Nachbar, wie ein ausgewachsener Reiher von seiner Terrasse aus startete, die sich ca. 15 m neben der be-schissenen Türschwelle befindet. Flügelspannweite über zwei Meter. Also der Vogel jetzt – nicht der Haufen. Der Kriebel saß auf der Gartenbank, die direkt vor des Nachbars Terrassentür steht. Soviel zur Behauptung, das seien scheue Tiere.
Wo und wie Junior sich verdrückt hat, werden wir nie erfahren.
Dass es ihm allerdings gut geht, das habe ich dann heute nach dem Abendessen erfahren dürfen: Ich war gerade nochmal kurz auf der Terrasse, als es neben mir auf der Wiese flatterte. Nichtmal 3 m von mir entfernt landet… ihr ratet es – richtig: Junior. Der hatte mich beim Anflug nicht sehen können, weil ich aus der Luft betrachtet vom Sonnensegel verdeckt war. Tja und Landungsabbruch mittels schnellem Durchstarten gehört nicht zu den fliegerischen Stärken dieser Vögel. Also landete er mehr oder weniger direkt neben mir. Besondere Panik schien er nicht zu haben, aber da Reiher eher tiefengechillt sind, bin ich mir nicht sicher, ob ich Reiherpanik erkennen würde, wenn sie 3 m neben mir landet.
Reiherpanik… schönes Wort, irgendwie, oder?
Ich hatte mein Wischkästl in dem Moment nicht zur Hand, weil ich gerade überm Abwaschen war. Aber da Junior eher der gemächliche Typ ist, hab ich schnell reingehen und die Knipse holen können. Junior schlenderte derweil den Gartenweg entlang, guckte hier und guckte da…
…und versteckte sich schließlich unter einem Baum am Wegrand:
Inzwischen war die Dämmerung weit fortgeschritten, ein paar Minuten später war’s so dunkel, dass ich meine Zweifel habe, dass er noch weggeflogen ist. Würde bedeuten dass er irgendwo im Garten übernachten könnte. Hoffentlich nicht dort unten im Gebüsch – wir haben hier Marder (Plural)…
Ich bin gespannt wie Bolle, ob wir Junior wiedersehen. Udn wenn ja: Wie der sich entwickelt: Ob er genauso scheu wie seine Eltern wird oder ob er sich irgendwie an uns gewöhnt. Ein zahmer Graureiher, das wäre was! Und wenn ich ihm dann noch beibringen kann, für mich die Schnecken zu jagen…
Man wird ja wohl noch träumen dürfen! (c;
[…] Die gute Nachricht zuerst: Junior hat die Nacht überstanden. Heute Morgen stand er wieder aufm Gartenweg, an fast derselben Stelle wie gestern Abend. […]