Wie die Aufrechten Achtzehn häßliche Maurerkübel verschönern

Ich bin ein sauschlechter Dramaturg. Ehrlich. Wenn man jemandem etwas Tolles zeigen will, sollte man für den maximalen Effekt damit warten, bis es fertig ist. Dazu gehört halt Geduld. Enthüllt man das Werk unvollendet, nimmt man dem dramaturgischen Effekt die Wucht, das „Wow!“. Habe ich also Geduld?

Nö.

Jedenfalls nicht genügend.

Worum gehts?

Ich will die Tomaten auf der Terrasse dieses Jahr nicht nur in Pflanzsäcken anbauen, sondern auch in Maurertrögen. Pflanzsäcke sind zwar super darin, Staunässe zu vermeiden – Tomaten hassen Staunässe! – aber eigentlich sind sie fast schon wieder zu gut: Im Sommer trocknet die Erde in den Säcken einfach zu schnell aus, vor allem wenn die Sonne so richtig an das schwarze Gewebe knallt. Und Tomaten hassen nicht nur Staunässe, sondern auch Trockenheit. Richtige kleine Mimimi-Divas.

Die Pflanzsäcke (Juni 2019)

Jetzt also Maurertröge. Die gibts in eckig und in rund und in verschiedenen Größen. Ich hab eckige, und zwar 60L und 90L große. Die werden unten aus Gründen der Drainage angebohrt – Staunässe und so. Wir sprachen darüber. Damit das Gießwasser nicht auf die Holzterrasse suppt, werden die Pötte an den schmalen Seiten auf Platten gestellt und in der Mitte unter die Löcher wird ne flache Schale drunter geschoben, aber das ist jetzt nicht der Punkt. Der Punkt ist: Die Pötte sind potthässlich.

Also muss man sie verstecken.

Jetzt hab ich ja seit November dem einen oder anderen Gartenwichtel ins Leben geholfen…

Bis auf das Duo oben rechts haben alle Adoptivfamilien gefunden und sind inzwischen sehr zufrieden. Die Zwerge und die Familien. Dann kam eine neue Generation: Die Toppies. Die Wichtel bekamen Arme. Ich stelle mir gern vor, dass die sich dabei gefühlt haben wie das Lila Tentakel, nachdem es aus dem chemieverseuchten Bach getrunken hatte. Na, wer weiß was ich meine…?

Das war eine Ganz neue Situation für die Wichtel: Auf einmal waren sie nützlich! Nicht mehr einfach nur dekorativ rumstehen und sich bewundern lassen – nein, plötzlich hatten sie einen richtigen Daseinszweck. Das weckt Selbstbewusstsein. Von nun an wollte kein Wichtel mehr „einfach nur dekorativ“ sein. Jeder wollte eine Lebensaufgabe. Schwierige Situation.

Und dumm sind die ja auch nicht, die kannste nich einfach so bequatschen. „Eure Aufgabe ist es, die hässlichen Maurerkübel zu verstecken, uns so vor Augenkrebs zu bewahren und Frohsinn auf die Terrasse zu bringen!“ – das klappt natürlich nicht, das durchschauen die. Ihr hättet die beleidigten Gesichter sehen sollen. OK, die hab ich auch nicht direkt gesehen, hamm ja alle Vollbart. Aber glaubt mir, ein Wichtel kann nur mit Nase, Bart und Zipfelhut ein dermaßen beleidigtes Gesicht machen… schlimm war das.

Aber dann fiel mir was ein: „Hey, ihr seid doch nicht nur Dekozwerge. Ihr doch nicht. Ihr seid Wachwichtel! Ihr beschützt die Tomaten! Ich vertraue die euch an, und ich bin mir sicher dass ihr dieser wichtigen Aufgabe gewachsen seid.“

Das hatte gesessen. Die sind glatt ein paar Daumenbreit gewachsen, guckten ernst und auch ein bisschen stolz. Was bin ich manipu… ähm… motivierend!

Lange Rede und so weiter: Seit heute Abend stehn also 18 Wichtel auf der Terrasse und haben um die drei potthässlichen Pötte Stellung bezogen. Rücken gerade, Mütze tief ins Gesicht geschoben. Natürlich isses jetzt noch viel zu früh, um die Tomaten rein zu setzen, aber die Bartträger konnten es nicht erwarten.

Ich wollte euch eigentlich das Ganze erst zeigen, wenn’s so richtig fertig ist, aber zur brummschen Geduld hab ich mich ja anfangs schon ausgelassen. Es folgt die Entstehungsgeschichte der Aufrechten Achtzehn, so nennt sich die Truppe nämlich.

Ich hatte mir vergangene Woche 2x das Auto vollgekracht mit Brumme-Spielzeug: Vor 10 Jahren hat jemand im Nachbarort Paletten zerlegt, komplett entnagelt …und dann auf nem Dachboden liegen lassen. Jetzt musste das Zeug weg, also hab ich jetzt jede Menge Bastelholz. Auf dem Bild ist nur der Rest, der nicht mehr ins Auto passte – in der Werkstatt stehen jetzt 4-5x soviele Bretter.
Über Maurertröge als Pflanzkübel kann man trefflich diskutieren: Geht von dem Plastik nun „Chemie“ in die Erde über oder nicht? Ich lasse die immer erstmal ein paar Wochen lang draußen ausdünsten und bin dann zur Abwechslung mal nicht paranoid, sondern pragmatisch. Fängt ja auch mit „p“ an. Worüber man aber definitiv nicht streiten kann: Die Pötte sind potthäßlich, Punkt. Vermutlich finden selbst die Gothics unter den Gärtnern, die qua Amt auf Schwarz stehen, die Dinger häßlich wie die Nacht.

Also fix ein Gerüst zammgeschraubt…
…und Gartenzwerge ringsrum aufgestellt.
Zwanzig Zwerge an einem Tag auszusägen war ein Novum für die Brummsche Zwergenwergstatt.
Der Verschnitt landet im Ofen…
…und wird thermisch verwertet.

Nächste Schritte: Alle Zwerge schleifen, und anschließend gibt’s ne Spraypaint-Orgie! ?

Zwischenrein bekam ich aber noch einen Tip:

Ich glaube, ich würde die nicht dicht an dicht setzen, sondern die Ecken und immer dazwischen „normale“ Bretter in Höhe der Bütt machen.Weißt Du, wie ich das meine?Und das dann z.B. grün als Gras streichen. Zum auflockern und hervorheben Deiner tollen Gartenzwerge.Und diese könnten unterschiedliche Höhen haben…

Kerstin P., 8.4.21

…bingo! (c:

…so, das Grasgeflüster ist fertig. Zwanzig Zwerge gesägt und geschliffen, das Gras ebenfalls.
An dieser Stelle hatte ich kurz überlegt, ob ich das jetzt so lasse und auf Mütze, Nase und vor allem die Bärte verzichte. Das macht nämlich die meiste Arbeit – das wäre nochmal mehr als der gesamte bisherige Aufwand.
Sieht doch jetzt schon ganz cool aus, oder?

…und, unabhängig davon: Eigentlich will ich ja keinen Einzelkübel komplett ringsrum verzieren, sondern 3 Maurerpötte nebeneinander. Also eine lange + zwei kurze Seiten, weil die vor einer Mauer stehen und ich keine „Rückwand“ bräuchte. Ich muss das Gestell also nochmal auseinanderbauen. Ist jetzt nicht wirklich aufwändig, einfach die langen Latten wieder ab und durch längere ersetzen.

Das wird dann auf der Terrasse stehen, da kommen Buschtomaten rein. …ach shit, wenn’s schon auf der Terrasse steht, kann’s auch richtig schön aussehen! Momentan hab ich ja keinen Zeitdruck damit, das muss jetzt nicht übermorgen fertig werden. Also lieber mit Geduld „all in“ gehen und die Zwerge komplett bemalen.

Also war der Entschluss gefasst. Vergangenen Samstag Abend war das. Am Sonntag konnte ich immer mal wieder in die Werkstatt, und immer einen Arbeitsgang zwanzig mal machen.

Erst alle Nasen…
…dann alle Bärte…
…sowie einen zusätzlichen Schwung „Gras“.

Und so war dann gestern (Montag) Abend mit einer guten Schicht klarem Acryllack der letzte Arbeitsschritt fertsch.

Heute habsch dann das lange Gestell gebaut…
..und die Wichtel reisefertig gemacht.
Vollbärtige Männer in Reih und Glied. Ich hätte mal nicht gedacht dass ich bei diesem Anblick so ne Vorfreude empfinden kann.
Alle so anordnen, dass es schön aussieht.
Vor allem muss das in der Länge aufgehen, nicht dass es zu große Lücken gibt oder die Wichtel über die Ecken hinaus ragen.
Hat alles perfekt gepasst, schon beim ersten Aufstellen – ohne das vorher auszumessen. Manchmal hat man eben einfach Glück.

So, jetzt schnell noch anschrauben und dann gut für heute!

…geil, oder? (c:

Ihr glaubt nicht wie stolz ich bin. Genau so sah das in meinem Kopf aus, und jetzt stehen die Aufrechten Achtzehn auf der Terrasse. In sechs Tagen von Altholz zu Augenweide… ’s fetzt!

Jetzt versteht ihr vielleicht, warum ich keine Geduld mehr hatte. Das musste jetzt einfach raus in die Welt.

Oben kommen noch Rahmen auf die Kübelränder, damit man später mal das schwarze Plastik nicht mehr sieht. Aber das hat jetzt Zeit. Das Wichtigste ist durch, und außerdem muss ich endlich am Gartenhausfundament weiterwerkeln. Die Wichtel waren nämlich, wenn ich ehrlich bin, ein willkommener Anlass zum Prokrastinieren. Punktfundamente machen nämlich weitaus weniger Spaß als Wichtel.

9 responses to “Wie die Aufrechten Achtzehn häßliche Maurerkübel verschönern”

  1. […] Am Anfang war das Holz. Bretter, um genau zu sein. Wir sprachen darüber, neulich. […]

  2. Elisabeth Carda sagt:

    Das ist ja ein ganz lieber Blog, dem würde ich gerne folgen. Bin aber schon eine Uraltoma um habe daher keine Ahnung, was es heißt, ein Icon anzuklicken. Die Wichtel merke ich mir bis zum nächsten Winter. Da probier ich dann auch welche, obwohl sie bestimmt nicht ganz so schön werden…..

    • Der Brumme sagt:

      Hallo Elisabeth,
      freut mich dass dir die Wichtel so sehr gefallen, dass du selber welchen in die Welt helfen willst! Und dass dir das Blog gefällt, freut mich mindestens genauso sehr. (c:

      …oh, und: Stell‘ dein Licht nicht unter den Scheffel – du hast erfolgreich einen Kommentar hinterlassen und gehörst damit zu einem sehr exklusiven Kreis: Aktive DerBrumme-Leser. Davon gibt’s nur ganz wenige, und ich schätze diese seltene Spezies sehr! (c:

  3. […] Heute in der Mittagspause liefen mir wieder diese Gnome* mit den über die Augen gezogenen Mützen über den virtuellen Weg. Und dass ich ne Schwäche für diese Gestalten habe, is ja nu nüscht Neues… […]

  4. […] jeden Fall ist das ne optisch sparsamere Deko als die Achtsamen Achtzehn auf der Terrasse. Aber das sollte auch genauso sein: Ich will an dieser Stelle nämlich keinen […]

  5. […] ja: Die Topfhalterwichtel stehen dort nur für’s Foto. Die lagen jetzt mehrere Monate lang arbeitslos im Regal rum und […]

  6. Jutta Wewer sagt:

    Hallo.
    Mit welcher Säge hast du die Bretter gesägt. Die Wichtel? Ich habe Eichenbretter über. Möchte die Wichtel nachmachen. Eine Dekupiersäge ist dafür wohl zu schwach oder? Liebe Grüße Jutta

    • Der Brumme sagt:

      Stimmt, eine Dekoupiersäge ist hier wohl zu schwach.

      Ich hab ne Stichsäge verwendet, und ein Sägeblatt mit einer sehr feinen Zahnung, damit die Schnitte möglichst glatt werden. Danach muss man natürlich noch ein bisschen schleifen, klar.

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