Eine Himbeere namens Annabelle

Eben war ein für mich historischer Augenblick. Na gut, sagen wir ein wichtiger. Wollen ja nicht übertreiben. Bin ja grundbescheiden und so.

Kennt ihr das? Diese Momente, wo ihr wisst, dass ihr gerade in eine neue Lebensphase eintretet? Wenn euch etwas mit Wucht trifft, und euch glasklar ist, dieses Etwas nicht folgenlos wieder aus eurem Leben verschwinden wird? Ihr merkt, dass ihr gerade eine Weiche auf eurem Lebensgleis passiert habt, die euch in eine neue Richtung schickt?

Schon gut… Ich hör‘ ja schon auf, Metaphern zu quälen. Ihr wisst was ich meine.

Das erste erste Mal verliebt, euer Kind das erste Mal im Arm halten, „Ja ich will!“ sagen – das sind so die großen Klassiker.

Es geht natürlich auch ne Spur weniger episch, auch klar. Bei den einen ist es das erste eigene Auto (Autos haben mich nie gereizt, deshalb fällt das bei mir raus), bei anderen der erste eigene Computer (da finde ich mich schon eher wieder). Kinder, die etwas ganz Kompliziertes gebaut haben, es ausprobieren und merken, dass es tatsächlich so klappt… sowas in die Richtung. Oder das erste Mal Fahrradfahren ohne das jemand hält.

Manchmal hast du dann etwas gelernt, das dich dein Leben lang begleiten wird. Fahrradfahren zum Beispiel. Bei anderen Dingen wie der ersten Begegnung mit …sagen wir… einem Computer, realisierst du plötzlich, dass du dir gerade ein neues Hobby eingelatscht hast. Eine Leidenschaft, die dich nicht wieder loslassen wird.

Sowas hatte ich heute Abend:

Ich hab heute meinen ersten Raspberry Pi* bekommen!

Was waren Kind Eins und ich aufgeregt, als wir den Karton ausgepackt haben. Der Große hat sich gleich den Lieferschein geschnappt und spontan seine erste richtige Wareneingangsprüfung gemacht. So niedlich!

* Einen 4B mit 8 GB RAM, also das aktuelle rechts-unten Modell. Klar kommt in ein paar Tagen der deutlich bessere 5er raus, aber ob der verfügbar sein wird oder gleich wieder ausverkauft… keine Ahnung. Das aktuelle Spitzenmodell ist mehr als ausreichend für’s Kennenlernen und Einarbeiten und Rumbasteln.

Aber Daniel… Raspberry Pi? Himbeerkuchen? Häh?

Die kleine grüne Platine unten rechts im Bild, das ist er. Bzw. sie, aber dazu später. Ein winziger, aber vollwertiger Computer unter 100 €. Der Rest ist diverses Elektronikbastelzubehör, von dem in den nächsten Tagen noch mehr eintrudeln wird. Muharhar.

Was ist ein Raspberry Pi?

Ich hatte das ja am Sonntag schon kurz gespoilert:

Ich hab einen Raspberry Pi samt diversem Bastelzubehör geordert, und werde zusammen mit Kind Eins (6.Klasse) demnächst einige Elektronik- und IT-Spielereien machen. Kind Eins hat nämlich kürzlich von sich aus begonnen, in Scratch zu programmieren und hat gerade generell Interesse an Computer- und Technikzeugs. Solche Enthusiasmus-Phasen muss man ohne Verzug fördern.

Ein Raspberry hat keine eingebaute Festplatte wie Laptop, Desktop, Smartphone und Tablet, sondern nur einen Slot für ne Micro-SD Karte. Die übernimmt die Rolle der Festplatte, dort spielt man das Betriebssystem drauf. Und davon gibt’s jeeeede Menge. Unzählige!

Die Speicherkarte mit dem Betriebssystem hatte ich in den letzten Tagen schonmal vorbereitet, da gibt’s ja haufenweise einfach verständliche Anleitungen (hier die offizielle Erklär-Seite von Raspberry). Da ich erstmal die Basics kennenlernen will und ein Windows-verwöhnter User bin, der ne grafische Benutzeroberfläche will (so wenig Kommandozeilen wie möglich, bittedanke), hab ich ein Linux Manjaro mit Plasma Desktop gewählt.

Wem das nix sagt: Manjaro ist der Unterbau des Betriebssystems und der Plasma Desktop von KDE ist sozusagen die Benutzeroberfläche. Jedenfalls verstehe ich das so – bitte korrigiert mich gern in den Kommentaren wenn ich irgendwo Quatsch erzähle – ich bin nur ein Linux-Noob mit jeder Menge gefährlichem Halbwissen.

Bei Windows sind Betriebssystem und GUI ja mehr oder weniger synonym, zumindest für Ottonormaluser wie mich. Bei Linux ist das anders, aber ich wette, der Ottonormal-Linuxuser kennt seine IT deutlich besser. Einen Überblick über verschiedene Linuxvarianten für den Raspberry findet ihr bspw. hier.

Aber ey, ich schweife schon wieder viel zu sehr in die Details ab! Wo war ich? Ach ja, bei den

Vorbereitungen.

Was brauchste für so nen Mini-PC so ringsrum? Gar nicht viel.

  • Das Betriebssystem ist erledigt, ich muss die Micro-SD Karte nur noch reinschieben.
  • Ein orginal Raspberry Netzteil brauche ich nicht, der Rechenzwerg wird über einen USB-C Anschluss mit 5V und 3A versorgt. Das kann so ziemlich jedes Smartphone- oder Tabletnetzteil.
  • Ein Micro HDMI -Kabel habe ich noch rumliegen. Das fiel mir vor ein paar Tagen komplett zufällig im brummschen Techniksammelsurium in die Hände. Ich wusste gar nicht mehr dass ich das habe und war froh dass ich keins kaufen musste.
  • Netzwerkkabel, Tastatur und Maus… sowas hat man einfach rumliegen, kein Ding.
  • Genauso wie nen alten Monitor mit ein paar Macken, der aber noch zu schade zum Entsorgen ist.

Ein Gehäuse hat der Raspi von Haus aus nicht, der kommt so nackt wie auf dem Foto. Ich hab mir schon eins bestellt, im Set mit nem schönen Schalternetzteil, was unheimlich praktisch ist, denn der Raspi 4 hat keinen AN/AUS-Knopf (der neue 5er bekommt einen). Runterfahren tut man ihn über die Software, Hochfahren tut er, wenn er merkt dass er Strom kriegt. Für den Anfang geht’s auch so, ich will aber die USB-C Buchse schonen und dort nicht jedes ein- und ausstöpseln müssen.

Kopflose Himbeeren sind normal

Den Raspi kann man auch ohne Monitor, Maus und Tastatur bedienen – „headless“ nennen wir Nerds (hüstel) das. Der wird dann per SSH über das Netzwerk sozusagen „ferngesteuert“. Programme dafür gibt’s bspw. hier. Unheimlich praktisch, weil die Raspis oft für Projekte verwendet werden, wo sie nur zum Konfigurieren mal kurz bedient werden müssen und später einfach 24/7/365 vor sich hin laufen. Da brauchste dann keine Peripherie dran. Ein kopfloser Raspi bräuchte nur Strom und ein Netzwerkkabel. Wobei… nichtmal das, denn er hat WLAN und Bluetooth an Board.

Einige Leser kennen dieses SSH vielleicht aus dem Home-Office, da loggt man sich über den eigenen PC auf dem Bürorechner ein und bedient den auch aus der Ferne.

Der große Moment

SD-Karte rein, Ethernetkabel anstöpseln, vorsichtig das kleine Micro HDMI Kabel rein. Zweitmonitor anschalten. Maus & Keyboard kommen später, erstmal testen ob er überhaupt bootet.

Und dann… „Anschalten“ über das Einstecken des USB-C Kabels.

Passiert was? Geht er?

Jaaa! Der Raspi beginnt zu blinken, und auf dem Monitor tut sich was!

Und da ist er, dieser Moment im Leben, die man nie wieder vergisst. Boah ist das schön, wenn man das bewusst genießen kann, wie einen guten Schluck Wein. Hach. (c:

Annabelle bekommt einen Kopf

Bissel Kopflos ist der Raspi ja noch, und ich könnte den fernsteuern, klar. Aber am Anfang will ich erstmal möglichst einfach alles an dem Teil kennenlernen. Und da hab ich lieber nen zweiten Monitor samt Maus & Tastatur am Raspi dran und bediene ihn – bzw. SIE, denn unser erster Raspi „Annabelle“ getauft – klassisch direkt, also neben statt durch meinem Desktop PC, auf dem ich z.B. Fragen beim Einrichten recherchieren oder mir Notizen machen kann.

Also sieht Annabelle jetzt so aus:

Die blauen Anschlüsse sind unbelegt. Noch. Da kommen später mal…. ja? Bitte, wie meinen?

Aber Daniel, häh, Annabelle? Wiesooo?

Wieso nicht?

Ich finde, die Raspis sollten Namen haben. Richtige Namen. Nicht so wie dausende Windowskisten, die einfach nur „Daniels PC“ heißen. Wie fantasielos ist das denn bitte? Tony Stark hatte seinen Jarvis, Menschen ohne Datenschutzbedenken ihre Alexa oder Siri. Unser erster Raspi heißt jetzt eben Annabelle. Das kann sich nochmal ändern, wir haben da schon ne konkrete Namensliste im Kopf, Kind Eins und ich.

Na jedenfalls kommen an die blau beschrifteten Anschlüsse später diverse Basteleien ran. Ein kleines Kameramodul mit Flachkabel hab ich schon da, ein paar Sensoren auch. Mal sehn welche die Projekte wir cool finden und nachbauen. Ne automatisierte Pflanzenversorgung mit Bodenfeuchtesensor, ner kleinen Pumpe und einer irgendwie gesteuerten Pflanzlicht-LED, das wäre doch was. Oder ne Alarmanlage fürs Kinderzimmer (Schalter aus Pappe und Alufolie an der KiZi-Tür, diverse Alarm-Modi programmieren). Oder kleine Roboterausätze. Oder, oder, oder.

Das Linux habsch beim ersten Booten schnell noch grund-eingerichtet (Sprache, Zeitzone, deutsches Tastaturlayout), mehr passiert heute erstmal nicht mehr.

Ausblick: Annabelle in der zweiten Reihe, vorerst

Leider werde ich die kommenden Tage nicht so viel Zeit für das neue Hobby haben wie erhofft, das Leben haut einem gern mal spontan nen Knüppel zwischen die Beine. In unserem Fall isses ne TÜV-Plakette, die ein 20 Jahre altes Brummemobil nicht mehr bekommen wird, da wirtschaftlicher Totalschaden. Also muss ein neuer Gebrauchter her, was leider alternativlos ist (nein, ÖPNV ist keine Alternative), viel Zeit und noch mehr Geld kostet. Verdammich.

Aber mit Annabelle werden wir uns trotzdem immer mal kurz beschäftigen. Und sei es nur, um das Interesse bei Kind Eins wach zu halten.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.