
Der Teil 2 der Anonymen Gärtner kommt scheinbar gut an, das freut mich sehr. Nicht wegen des Egoboosts (zumindest rede ich mir das ein), sondern weil das zeigt, dass ich damit nicht ganz falsch liege. Ein lobender Kommentar hat dann allerdings das Tor zu einem anderen Thema aufgestoßen:
„Ich kann für dich nur hoffen, dass du beruflich schreibst. Es ist jedes Mal großartig! DANKE!“
Erst einmal: Danke für das Lob. Geht runter wie Öl. (c;
Meine Antwort an die Lobende war:
Leider nein, ich blogge nur zum Spaß. Glaube nicht dass ich davon leben könnte. Und: Ich experimentiere seit August mit GPT, auch und vor allem in Sachen „kreativ schreiben“. Spätestens seitdem bin ich mir sicher, dass man mit/von solchen Texten zukünftig noch viel weniger leben können wird.
Einige meiner GPT-Experimente habt ihr hier im Blog ja mitbekommen („KI“ hat ein eigenes Tag und eine eigene Kategorie, und nein: ich kann euch selbst nicht so genau erklären, wo der Unterschied zwischen Tags und Kategorien liegt… ich nutze die meist redundant und hoffe, euch damit nicht all zu sehr zu verwirren).
Stand heute (für die Nachwelt: Anfang April 2025) kann GPT sensationell gut kreative Texte schaffen, von Microfiction über Kurzgeschichten bis hin zum Nachahmen des spezifischen Stils bestimmter bekannter Leute.
Ehrlich: Ihr habt in GPT eure persönlichen Hosentaschen-Lieblingscomedians: Gebt ein Thema vor und lasst euch eine Kurzgeschichte im Stil von [insert Lieblingscomedian here] schreiben. Wenn die Leute halbwegs bekannt sind, stehen die Chancen gut, dass GPT genug Material in den Trainingsdaten hatte, um den Stil erkennbar imitieren zu können.
Bestes Beispiel, erst letzte Woche passiert: Verwandschaft von mir hat Chilis gesät und die Jungpflanzen dann mal kurz zum Abhärten auf den Balkon gestellt – ZACK! waren die kleinen Chilis verschwunden. Schnecken fallen aus (Balkon), also vermutlich irgendein Vogel.
Ich hatte sofort ein anderes Bild im Kopf und hab GPT das zum Spaß mal erstellen lassen.
Mein Prompt: „Male einen Cartoon: ein räudiges, struppeliges Wiesel hockt auf einem Balkonblumenkasten und guckt ertappt, während es kleine Chili-Jungpflanzen aus dem Kasten rupft und frisst.“
Das Ergebnis trifft den Nagel auf den Kopf, exakt so hatte ich mir das Tierchen vorgestellt. Im Titelbild gespoilert, hier nochmal. Weil’s so niedlich ist.

Ich spare mir jetzt den Teil, wo ich darüber staune, dass das so gut funktioniert (ertappt gucken bspw.), darum geht’s mir gerade nicht…
Der Spaß ging ja noch weiter.
Prompt:
Wie nennen wir diese Tierart? Bitte einen lustigen Namen finden. Bitte 10 Vorschläge, immer einen deutschen lustigen Namen und dann ein lateinisches Pendant.
GPT:
Na klar! Hier kommen 10 lustige deutsche Namen für das räudige Balkonwiesel – jeweils mit einem passenden (nicht ganz ernst gemeinten) lateinischen Artnamen:
Chillwiesel
Mustela capsica
Pflanzenschreck
Mustela hortivora
Scharfzahn-Balkonräuber
Mustela pimentoraptor
Topftiger
Mustela vasaligra
Scharfknabber
Mustela ardentimandibula
Gartenkrümmler
Mustela terraedisruptor
Knusperpelz
Mustela crispipelus
Blattbandit
Mustela folifur
Chili-Chaot
Mustela chiliensis furiosus
Rupfelratte
Mustela exherbatrix
Wenn du magst, baue ich daraus auch ein kurzes „Bestiarium“-Profil fürs Setting oder eine Cartoon-Serie.
Ich mochte die Rupfelratte am besten, mit Abstand. Also…
Prompt:
„Rupfelratte Mustela exherbatrix“ gefällt mir. bitte erstelle ein porträt dieser tierart, im stil von torsten sträter.
GPT:
Alles klar. Hier ist das Porträt der Rupfelratte (Mustela exherbatrix) – im Stil von Torsten Sträter: lakonisch, trocken, leicht absurd, mit einem Hauch Mitleid und viel schwarzem Humor.
Die Rupfelratte
Mustela exherbatrix
Ein naturkundliches Porträt in trockener Verzweiflung.
Die Rupfelratte ist ein Tier, das aussieht, als hätte es sich selbst schon vor Jahren aufgegeben. Sie ist klein, struppig, und bewegt sich mit der Mischung aus Überzeugung und Planlosigkeit eines alkoholisierten Staubsaugerroboters.
Die Rupfelratte lebt bevorzugt auf Balkonen – nicht in der freien Wildbahn, das wäre ihr zu anstrengend –, sondern genau dort, wo Menschen denken: „Jetzt wird’s gemütlich.“ Sie liebt Blumenkästen, aber nicht wegen der Ästhetik. Nein, sie schätzt sie als All-you-can-eat-Buffet in Reichweite ihrer seelenlosen Knopfäuglein.
Besonders angetan haben es ihr junge Chilipflanzen. Warum? Niemand weiß es. Vielleicht, weil sie brennen. Vielleicht, weil sie grün sind. Vielleicht, weil irgendwo tief in ihrem seelischen Innenleben der brennende Wunsch lodert, anderen das Gärtnerglück zu versauen. Und da hat die Rupfelratte einfach Talent.
Sie rupft nicht schnell. Sie rupft mit Hingabe. Mit einer Art zärtlicher Boshaftigkeit. Als wolle sie sagen: „Ich zerstöre dich – aber liebevoll.“
Ihre Lautäußerungen bestehen aus heiserem Schmatzen und gelegentlichem erschrockenem Quieken, wenn man sie erwischt – was selten gelingt, weil sie ein eingebautes schlechtes Gewissen hat und stets guckt, als sei sie gerade von Gott persönlich beim Stehlen erwischt worden.
Fortpflanzung? Unklar. Vielleicht entstehen sie aus vergessenen Wollsocken und halbverfaulten Radieschen. Niemand hat je zwei gesehen.
Verteidigung? Auch nicht nötig. Wer sie sieht, hat keinen Drang, sie zu vertreiben. Man will eher fragen: „Geht’s dir gut?“ Und wenn sie dann den Blick hebt – diesen leeren Blick eines Wesens, das keine Steuererklärung kennt, aber trotzdem alles verloren hat – dann nickt man, geht wieder rein und bestellt neue Chilisamen.
So…
Ihr seht: GPT kann die sprachlichen Stile verschiedener Comedians nachahmen. Erschreckend gut, wie ich finde. Aber urteilt selbst.
Beim Lesen des Rupfelrattentextes habe ich jedenfalls unweigerlich die Stimme von Torsten Sträter im Kopf. Gut, das kann jetzt auch confirmation bias sein, klar. Fraglich wäre, ob man ohne vorherige Nennung den nachgeähmten Autor erkennt. Könnt ihr ja mal versuchen.
Wir können uns jetzt gern stundenlang über die moralischen Aspekte hinter diesen künstlichen Hosentaschencomedians streiten. Nur zwei Aspekte:
- Die Trainingsdaten sind allesamt geklaut, es gab da bekanntlich weder ne Erlaubnis noch ne Vergütung der Urheber/Rechteinhaber. Jedenfalls ist mir kein solcher Fall bekannt (korrigiert mich gern), wo ein LLM mit komplett „legalen“ Daten trainiert wurde. Damit sind eigentlich alle aktuellen LLM’s …nennen wir es mal „moralisch/ethisch vergiftet„. Da sehe ich keine andere Lösung als „nochmal von vorn trainieren, aber diesmal nur mit Datensätzen, die man nutzen darf, wo’s ne Einwilligung der Urheber gibt und wo diese im Idealfall angemessen vergütet werden.“ Ja, ich sehe das wie ihr: Wird vermutlich nicht passieren. Eher friert die Hölle zu.
- KI braucht Strom und generell Ressourcen. Wobei. Ich bin bei einer Aufgabe, die ich mit KI-Unterstützung löse, wesentlich schneller fertig als wenn ich das zu Fuß mache. Und dann kann man (will sagen: ihr) ja mal online recherchieren, wieviele Watt ne durchschnittliche Anfrage verbraucht. Das Ergebnis: Weniger als die meisten von uns denken. Das heißt: Der Einsatz von KI ist nicht per se zu verdammen, nur aufgrund des damit verbundenen Ressourcenverbrauchs. Man muss das von Fall zu Fall abwägen. Wie so vieles im Leben: Autofahren. Flugreisen. Steaks Grillen. Wenig überraschend, das alles.
Es gibt noch viele weitere Aspekte zu bemängeln:
- Das Black Box-Problem
- noch mehr Abhängigkeiten der User
- evtl. heimliche Manipulierung der LLMs durch die Betreiber, um die User zu beeinflussen
- wir lernen alle weniger Skills, weil wir uns alles mögliche von der KI machen lassen statt es selbst zu tun)
- undundund.
Aber Fakt ist: Diese LLMs sind jetzt da, und die gehen auch nicht wieder weg. Wir können uns ihnen entweder komplett verweigern, sie enthusiastisch annehmen und in unseren Alltag integrieren, oder irgendwas dazwischen.
Ich will sie zumindest kennenlernen und Erfahrungen damit sammeln, damit ich mein Urteil anschließend fundiert fällen kann und nicht auf die talking points anderer angewiesen bin. Wenn da nebenbei Zeug rauskommt, für das ich sonst Tage, Wochen, Monate oder Jahre gebraucht hätte, umso besser.
Die Konsequenzen des „KI ist jetzt da“ sind uns als Gesellschaft nur noch nicht so ganz klar geworden. Was mich nicht überrascht – wir haben auch andere Technologiesprünge gesellschaftlich noch nicht verarbeitet. Nicht im Kopf, geschweige denn dass wir funktionierende Regelwerke dafür geschaffen hätten. Drohnen. Gesichtserkennung. Smartphone privacy. Technologiemonopole. CRISPR Cas9. Die Liste lässt sich beängstigend lang fortsetzen.
Um den Bogen zurück zum Artikelanfang zu schlagen: Nein, ich werde wohl nie vom Schreiben leben können. Das wäre vermutlich wahnsinnig toll, ist aber unwahrscheinlicher als ein Lottogewinn. War’s auch schon vor GPT. Und das macht gar nichts – ich hab nicht zum Ziel, damit Geld zu verdienen. Ich freue mich, wenn die Besucherzahlen des Blogs stetig steigen würden, aber ich habe davon keinen Cent. Und das ist OK so.