ChatGPT und Worldbuilding

Neuer Themenschwerpunkt im Blog?

Das hier ist ja ein Garten- und Hobbyblog. Gestartet sind wir mit dem Schwerpunkt Garten, öfter mal DIY- und Bastelprojekte, viel Dekozeugs, irgendwann kam der Lasercutter dazu, später dann bissel 3D-Druck. Das neueste brummsche Interesse ist Künstliche Intelligenz, also KI, genauer gesagt das Rumspielen mit ChatGPT, und darüber gibt’s ja nun auch schon ne Handvoll Artikel hier.

Aber.

Mein ältestes Hobby hab ich bisher außen vor gelassen: Rollenspiel, genauer gesagt Tabletop Rollenspiel. Das mache ich mit einer Gruppe von Freunden seit 1998, also schon ne ganze Weile.

Und da sich diese Leidenschaft seit ein paar Wochen mit dem neuesten brummschen Interesse namens ChatGPT überschneidet, wird’s jetzt Zeit für einen neuen Schwerpunkt im Blog. Ich weiß noch nicht wie oft ich darüber schreiben werde, das muss sich einfach entwickeln. Sicher wird’s die anderen Themen nicht verdrängen, keine Sorge.

Wem Rollenspiel so komplett gar nix oder nur vage was sagt: Das können Andere viel besser erklären als ich. Guckst du hier, beispielsweise. Generell werde ich erstmal etwas weiter ausholen und hier und da Erklärungen einstreuen, damit die Nicht-Rollenspielern unter euch wissen, worüber der Brumme überhaupt redet. Wann immer möglich verlinke ich auf andere Seiten, wo das besser erklärt ist als ich das spontan könnte. Ihr müsst das aber nicht alles bis ins letzte Detail lesen, keine Sorge. Es geht nur um’s grobe Verständnis.

TL;DR: Worum geht’s heute?

Die Kurzfassung:
Ich habe mit Hilfe von ChatGPT in ca. 5 Stunden ein komplettes Minisetting erstellt.

Ohne GPT hätte ich dafür Wochen gebraucht, und die „Kreativität“ der Ergebnisse, die bei GPT rauskommen, ist absolut erstaunlich. Es erinnert an die Känguruh-Geschichte von neulich: Es wird immer schwerer, zu erkennen ob etwas von Menschen oder einer KI erschaffen wurde. Ich werde dabei auch ein bisschen auf die Details meiner Arbeit mit GPT eingehen, in zukünftigen Artikeln dann sicher noch mehr.

Dieser Artikel ist also für folgende Leser interessant:

  • Rollenspieler
  • KI-Interessierte im Allgemeinen und ChatGPT-Nutzer im Speziellen
  • Schreibende, die kreativ arbeiten und GPT einbinden wollen
  • DerBrumme-Fans, die eh alles lesen, was ich hier raushaue. (c;

Vorgeschichte & Grundlegendes

Diese Woche habe ich mit einem Spieler meiner Rollenspielgruppe gechattet, die in Mirrorspace spielt. Mirrorspace ist eine Kristallsphäre, also ein fiktives Sonnensystem mit mehreren Welten, nur halt ohne Raumschiffe, Technik oder SciFi, sondern mit fliegenden Schiffen (ja, nautische Schiffe) die durch Magie angetrieben werden. Das dazugehörige Rollenspiel nennt sich Spelljammer. Mirrorspace ist der aktuelle Schauplatz unserer 22 Jahre alten Kampange (für Eingeweihte: wir spielen immer noch nach den AD&D 2E Regeln der späten 90er).

Ich erwähnte in besagtem Chat so nebenbei, dass es cool wäre, wenn es in Mirrorspace eine Gruppe Orks gäbe, deren Hauptthema irgendeine Art Kampfkunst ist. Wir beide experimentieren seit ein paar Wochen mit GPT-gestütztem Worldbuilding, also hat er das ausprobiert, sich von Angampora aus Sri Lanka inspirieren lassen und mir vorgestern Abend den dabei entstandenen coolen Shice gezeigt.

Ich bin als Spielleiter dieser Runde ja der Hauptautor des Settings und kenne die vielen Details und Hintergründe der Welt(en) als Einziger vollumfänglich, während die Spieler nur ihre Charaktere haben, durch deren Augen sie die Welt an unseren Spieleabenden erkunden. Deshalb hat sein GPT auch viel weniger Mirrorspace-Inhalte als meines, denn ich habe in den letzten 3 Wochen sehr viel in mein GPT „eingefüllt“, was ich seit 2004 für das Setting geschrieben habe.

Ich habe daher seine exakten Textpromts verwendet, um zu sehen, was mein GPT hervorbringt und wie stark der Einfluss des bereits erstellten, Setting-relevanten Inhaltes ist, den mein GPT kennt, seines aber nicht.

Wenig überraschend ist dieser Einfluss extrem stark: Während seine Orks echt cool waren, war offensichtlich, dass sein GPT keine Ahnung hatte, was genau Mirrorspace ist. Die Beschreibungen waren definitiv gut genug, um als Grundlage für weitere Ausarbeitungen verwendet zu werden, aber es gab ein paar grundlegende Missverständnisse, die vorher bereinigt bzw. GPT erklärt werden müssten, damit die Ergebnisse Sinn ergeben. Mein GPT hat dagegen hat von Anfang an ins Schwarze getroffen und während der darauffolgenden Arbeiten an den Details waren die meisten Ergebnisse fast immer genau das, was ich wollte.

Disclaimer: Keine Ahnung von gar nüscht

Ich habe absolut keine Ahnung von Angampora, der traditionellen sri-lankischen Kampfkunst, die uns beiden als anfängliche Inspiration diente, und ich habe auch keine tiefgreifenden Kenntnisse über Sri Lanka selbst, seine Menschen, Kultur oder Geschichte. Daher kann ich beim besten Willen nicht sagen, ob sich für Experten/Kenner die Ergebnisse wie ein billiger Abklatsch anfühlt oder nicht. Wenn jemand von euch da mehr weiß, wäre ich über euer Feedback echt dankbar!

Zeitaufwand

Der vorgestrige Chat, mit dem das alles begann, hatte etwa eine Stunde gedauert. Gestern habe ich dann 4-5 Stunden an dem Setting gearbeitet, wobei ich fast die Hälfte dieser Zeit damit verbracht hab, die Antworten von GPT zusammenzufassen, zu ordnen, alles in eine docx-Datei zu packen und die dann zu layouten. Ich verwende übrigens ChatGPT 4o (die Premium-Version für 20 $/Monat).

Der gesamte Inhalt wurde auf Deutsch generiert, aber die Rollenspiel-Community, in der ich quasi „Zuhause“ bin und wo Mirrorspace entstanden ist, ist englischsprachig. Also habe ich die docx-Datei meinem GPT hochgeladen und wollte den Inhalt übersetzen lassen, nachdem das Layout abgeschlossen war. Die Übersetzung sollte in 15-20 Minuten fertig sein und GPT wollte sich melden, wenn es fertig sei, aber auf Nachfrage nach 20 Minuten „Wie lange dauert es noch?“ kam eine GPT-typische Entschuldigungs-und-Rumgewiesel-Antwort:

„Es scheint, dass ein direkter Übersetzungsprozess für das Dokument hier aktuell nicht verfügbar ist. Du könntest die Übersetzung stattdessen in einem Übersetzungstool wie DeepL oder Google Translate ausprobieren, die auch Formatierungen meist gut beibehalten. Wenn du jedoch weiterhin Unterstützung bei einzelnen Abschnitten benötigst, stehe ich dafür gern bereit.“

Keine Erklärung, wieso es dann doch nicht ging, obwohl es anfänglich als „ja klar, geht“ versprochen wurde… Sowas passiert übrigens öfter mal. Ich rege mich darüber nicht (mehr) auf und hab einfach Google Translate verwendet (Deepl erfordert ein Konto, das ich noch nicht habe). Google brauchte weniger als 5 Sekunden für die knapp 20 Seiten und hat das docx sofort zum Download bereitgestellt. Die Übersetzungsqualität ist absolut brauchbar, das Layout und selbst die Formatierungen waren unverändert. Einziger Fehler: Einige der englischen Überschriften waren jetzt klein geschrieben. So what… das ist schnell korrigiert.

Worum geht’s, so vong Rollenspiel her?

Ein paar inhaltliche Erklärungen, teils für Rollenspieler und teils für die mutmaßliche Mehrheit der Blogleser, die noch keine Rollenspielerfahrung haben:

Gharruk-Thaal ist eine fliegende Insel in der Luftwelt Titania, eine der Welten von Mirrorspace. „Luftwelt“ bedeutet in Spelljammer Settings, dass die Welt kein Planet mit einem festem Kern ist, sondern statt einer kugelförmigen Landmasse nur eine planetengroße Atmosphäre hat, in der dann irgendwelche fliegenden Inseln rumgurken. Damit das nicht zu langweiligem Inselhopping verkommt, ist Titania permanent in schwere Stürme gehüllt, in der man selbst mit nem fliegenden Zauberschiff Probleme hat, von Insel A nach Insel B zu kommen.

Gharruk-Thaal hat eine zerklüftete und ovale Form, mit ca. 50 m Länge und ca. 30 m Breite. Also etwas größer als beispielsweise Ibiza (48 km lang, 21 km breit). Die Insel hat fruchtbare Böden und ein mildes Klima – wird aber von besonders üblen Stürmen umtost, die Gharruk-Thaal sowohl vom Rest der Welt(en) isolieren also auch recht nice als Verteidigung gegen Invasionskräfte sind, die per fliegender Zauberschiff-Flotte hier landen täten wollen, um die Einwohnerschaft zu versklaven. Auf der Insel leben ungefähr Viertelmillion friedfertige (jawoll!) Orks, deren Kultur auf mehreren Säulen ruht:

  • Korai: Kampfkunst, Körperbeherrschung und Disziplin
  • Sha’rai: Spiritualität und Verbindung zur Geisterwelt
  • Zhara’Kai: Heilkunst und Kräuterkunde
  • Thaar’Mor: Religion und Spiritualität

Ich hab dann versuchsweise noch ein paar Bilder generieren lassen, einmal ne Szene mit martial-art Orks, eine typische Straßenszene und ein Cover. Die Ergebnisse mögen nicht perfekt sein, aber beeindruckend sind sie allemal, oder?

Und bevor ich mich jetzt weiter in den Details verliere, hier ein Screenshot vom Inhaltsverzeichnis:

Portieren in andere Settings: Hinweise für Klauschweine

Es sollte nicht schwer sein, Gharruk-Thaal an andere Settings anzupassen, da die Kultur der Sha’Korai relativ isolationistisch ist. Dieses Volk ist nicht sehr an Reisen zu anderen Nachbarwelten interessiert, aber es gibt Ausnahmen von jeder Regel, und das sind dann natürlich die Sha’Korai-NPCs, denen eure Spieler begegnen werden. (c;

Am Ende des pdf werden die Beziehungen zu anderen Gruppen betrachten, bspw. zum Leuchtenden Imperium (Synonym für das spätrömisch-dekadente Mirranische Imperium, das thematisch dominierende Reich des gesamten Mirrorspace Settings) vor seinem Fall, da der Großteil des aktuellen Worldbuildings in der Zeit vor dem Fall angesiedelt ist (die erstellten Sachen können aber easy an die Gegenwart des Settings angepasst werden, also ca. 4 Jahrhunderte später). Ignoriert das für eure Welt, es sei denn ihr habt ebenfalls ein spätrömisch-dekadentes Imperium.

Außerdem wird die Schwarzzahn-Insel wird erwähnt, dass ist ne andere fliegende Insel auf Titania, ein weiteres Minisetting. Aber während Gharruk-Thaal quasi an einem Tag entstanden ist, arbeite ich seit knapp 3 Wochen an der Schwarzzahn-Insel: Bisher sind dafür ca. 130 Seiten Text entstanden (selbes Format, also A4 und Arial 11).

Also deutlich tiefer in die Details gehend, mit neuen Monstern (jedes bekommt ein von GPT generiertes Bild), zwei sich deutlich unterscheidenden Zwergenclans, die sich die Spieler als Herkunft ihres Charakters aussuchen können, pro Clan 10 ausgearbeitete NPC, Dutzende Abenteuerideen, Beschreibungen der interessanten Orte der Insel, und, und, und. Vor allem aber hat das Setting eine ganz eigene, unverwechselbare Atmosphäre. ChatGPT schafft es nämlich hervorragend, einen einmal vorgegebenen Stil beizubehalten und dann mit eigenen „Ideen“ zu vertiefen. Und ja: Ich weiß dass GPT weder eine „richtige Intelligenz“ besitzt noch „wirklich kreativ“ ist. Die Ergebnisse lassen sich allerdings kaum noch von menschlicher Arbeit unterscheiden.

Wenn die Schwarzzahn-Insel bereit ist zur Präsentation, stelle ich sie im Blog vor.

Lange Rede, kurzer Sinn: Hier könnt ihr das Gharruk-Thaal Mini-Setting als pdf runterladen. Einmal deutsch, einmal englisch.

Kommentiert gern und schlagt vor, was eurer Meinung nach hinzugefügt, gelöscht, korrigiert und geändert werden sollte. Ich hab ja keinen neutralen Blick darauf, deshalb bin ich auf Feedback von Anderen angewiesen.

Wir können auch gern über die Vor- und Nachteile des KI-gestützten Worldbuildings sprechen – tatsächlich ist das ein Thema, das ich sehr gerne diskutieren täte.

One response to “ChatGPT und Worldbuilding”

  1. […] jetzt komplett todeslost ist: Kontext zu Rollenspiel und worldbuilding mit ChatGPT findet ihr in dem Artikel von neulich. Heute geht’s um die gleichen Themen, also wen das nicht interessiert: Bitte […]

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