Auf in den Winter! – oder: Das Hochbeet bekommt neue Mieter.

Gärtner sind ja manchmal irre, irgendwie. Ich, heute zum Beispiel. Erst am Samstag – vorgestern also – hab ich schweißtriefend in der Mittaggsonne bei 30°C das Hochbeet gefüllt (guckst du hier), und könnte mich jetzt ja auch erstmal für ein paar Tage lang zurücklehnen.

Was glaubt ihr wohl, wie lang das so leer bleibt…?

Mache ich das?

Türlich nich.

Jetzt ist Montag Abend und – Spoiler – das Beet ist frisch bepflanzt.

Aber der Grund dafür ist keine Gärtnersucht* – jedenfalls diesmal nicht, rede ich mir gerade ein – sonder der Thun’sche Pflanzkalender: Wir nähern uns dem Ende der aktuellen Pflanzzeit, und heute zwischen gab es zwei Zeitfenster, an denen man Blatt-Pflanzen sähen und/oder pflanzen konnte: 2-13 Uhr (da hab ich geschlafen bzw. war auf Arbeit) und 21-23 Uhr. Dazwischen die berüchtigten Striche des Todes, also Zeiten, zu denen man t(h)unlichst nicht mit den Pflanzen machen sollte.

* Lacht nicht, ich bin mir sicher, das gibt es. Vielleicht noch nicht als offizielle Diagnose, aber das sagt nur etwas über die Rückständigkeit der Mediziner aus.. (c;

Fragt mich nicht nach den Wirkmechanismen, die hinter dem Kalender stehen. Ich gärtnere jetzt das dritte Jahr mit den Aussaattagen aus dem Thun Verlag. Ich habe mehrere vergleichende Experimente angestellt, also bspw. Nacktgerste (a.k.a. Ostergras) an einem Wurzeltaggesät und einen Tag später an einem Blatt-Tag. Selbe Erde, selber Standort (Pflanzschale mit Anzuchterde am Wohnzimmerfenster nach Westen raus), immer identisch behandelt. Ergebnis: Die später am Blatt-Tag gesäten Gerstenkörner hatten eine vielfach höhere Keimrate und wuchsen deutlich schneller. Ich habe das mit anderen Sorten und anderen Tagen noch ein paarmal wiederholt. Es gab immer deutliche Unterschiede, da gab’s nix hinein zu interpretieren oder rumzudeuteln. Eigentlich müsste man da mal großflächige und längere Experimentreihen machen und die richtig gut dokumentieren, aber dazu fehlen mit Zeit, Platz und Energie. Ich habe beschlossen, dass ich der Methodik vertraue und richte mich wo immer es geht nach den Zeiten, die im Kalender angegeben sind.

Leider finden sich online nur relativ spärliche Informationen dazu, aber unter dem oben angegebenen Link kann man sich die jeweilige Jahresausgabe bestellen. Das Heftchen ist nicht wirklich teuer, und für nen potenziellen game changer schonmal gar nicht. Vertiefende Bücher von Maria Thun gibt’s dort auch.

Aber zurück zum Hochbeet.

Ich hatte noch ein Dutzend Kohlse* ausgesät und in Anzuchtdosen auf der Terrasse rumstehen. Ziemlich lange schon. Die hätten schon viel eher in die Erde gemusst, aber bisher hatte ich schlicht keinen Platz dafür. Jawoll, das ist ein Planungsfehler. Passiert den Besten. Und eben auch mir. Und wo wir gerade bei Fehlern sind: Ich weiß nichtmal mehr genau, welche Sorten das sind. Shame on me, aber sowas von. Wo ich doch sonst alles akribisch beschrifte! Entweder ist das Wirsing (der Wirz mit dem wohlklingenden Namen À PIED COURT DE PLAINPALAIS) oder Grünkohl (die Sorte Westlandse Winter). Oder beides. Peinlich, echt ma!

* Nein, das ist kein Schreibfehler. „Kohlse“ ist der brummsche Plural für Kohl. Da ich bei kreativne Sprachinnovationen wie „Brennholzverleih“ zu spät gekommen bin, muss ich eben sehen wo ich bleibe…

Die Kohlse Mitte Juli. Leben am Limit!

Das obige Bild macht den Eindruck, als wäre ich sehr stiefmütterlich (warum eigentlich nicht stiefväterlich, hä?) mit den armen Kleinen umgegangen, aber der Eindruck täuscht, in Teilen jedenfalls: Ja, ich habe ein paar an die Schnecken verloren, aber weniger als ein Drittel. Im Beet hätte vermutlich kein einziger überlebt. Die standen an einem schattigen Ort auf der Terrasse und wurden immer schön feucht gehalten. Wenn Jungpflanzen zu lang in solchen Anzuchtgefäßen gehalten werden, gehen die irgendwann in so ne Art „Parkmodus“ – die wachsen nicht weiter, gehen aber auch nicht ein. So kann man die mit etwas Glück und Geschick (bei mir sicherlich ersteres!) ein paar Wochen stehen lassen, bis Platz im Beet wird.

Die Anzuchtdosen sind schön durchwurzelt.

Und jetzt nach der Kartoffelernte…. – tataaa – Platz!

Nicht nur jede Menge Platz, sondern gleich vollkommen frische Komposterde. Na wenn das nix is!

Jetzt musste ich also nur noch bis 21 Uhr warten, und dann kann’s losgehen. Leider isses Mitte August 21 Uhr schon stockduster (schnüff, die schönen langen Sommerabende sind fast schon wieder rum!), und heute kommt dazu, dass es gegen Abend nicht nur empfindlich kalt wurde – die abendlichen 15° fühlen sich nach den 30° vom Wochenende nachgerade herbstlich an. Nein, es beginnt auch noch zu regnen.

Also: Dunkel, kalt und nass – na toll. Aber hey, Gärtnern ist kein Ponyhof oder so, nur die Harten kommen in den Garten und wasweißichwelcheanderenFlachsprücheesnochgibt. Kurz gesagt: Ich hab mich nicht abhalten lassen und die Kleinen eingesetzt.

Aber.

Da ich das nicht im Dunkeln machen wollte, habe ich ketzerisch schon 20:15 losgelegt. Also noch mitten in der Thun’schen Todeszone!

Thun’sche Todeszonenkohlse.

Ich betrachte solche Thunschen Ketzereien gern als Gelegenheiten zum Experiment. Mit Kohl hab ich bisher eh kein glückliches Händchen gehabt, also bin ich nicht allzu traurig, wenn das nix wird. Mal sehn. Thun ist ja auch nicht alles, es bringt ja nix, wenn man sich sklavisch nur nach diesem einen Gesichtspunkt richtet und alles andere ausblendet. Die nächste Pflanzzeit ist ca. 2 Wochen hin – da setze ich den Kohl lieber heute zu einem ungünstigen Zeitpunkt.

Und: Es gibt ja auch noch andere Faktoren, die ins Gewicht fallen. Beispielsweise, dass der Kohl jetzt zwar zu Beginn einer kalten Zeit umgepflanzt wurde (die nächsten Tage bis zum Wochenende sollen wohl ungemütlich werden…), aber er wird in dieser Zeit schöne warme Füße haben: Ich hab als Füllung ja mehrere Schichten Herbstlaub und Rasenschnitt verwendet, und das Ganze mit einer Dicken Schicht fertigen Kompost abgedeckt. Der Kohl steht in der Kompostschicht, aber darunter passiert genau das, was in einem frisch angelegten Komposthaufen passieren soll: Der wird schön warm!

In 10-15cm Tiefe herrschen etwas über 40°C…

Diese Temperaturen sollten noch ein bis zwei Wochen so bleiben. Mal sehn wie das dem Kohl gefällt…

But wait, there’s more! (c:

Jetzt stehen da fünf Pflanzen im Beet… Ja, Kohl wird groß. Gigantisch, gar. Eigentlich hätten drei Pflanzen für diese Fläche vollkommen ausgereicht, wenn man davon ausgeht, dass die „Normgröße“ erreichen. Und ja: Manchmal bin ich freiwillig lernresistent. (c;

Kurz: Da muss noch was dazwischen. Irgendwas kleines, winterhartes, leckeres, pflegeleichtes.

Feldsalat zum Beispiel.

Feldsalat und Kohlse sind gute Mischkulturpartner. Und: Ich hatte ja Ende Juni fast nen Liter Saatgut von dem Zeuch geerntet (guckst du hier) – da muss man ja irgendwann mal ausprobieren, ob die auch keimen, oder?

Das reicht für den ganzen Garten. Mehrfach.

Feldsalat ist übrigens Dunkelkeimer, der will ca. 2cm mit Erde bedeckt werden. Verstehe ich, ich will auch nicht wenn jemand guckt. Apropos „Dunkel“: Inzwischen isses viertel Zehn gewesen (oder Viertel nach Neun, für euch Wessies (c; ) also diesmal mit Taschenlampe raus. Die Nachbarn müssen denken, der Brumme ist völlig irre. So ganz Unrecht hammse ja auch nicht. Egal.

Und um dem Ganzen noch einen weiteren experimenellen Aspekt hinzuzufügen, können wir doch gleich mal noch fix prüfen, ob das mit der Dunkelkeimerei auch stimmt: Ich hab mehrere Saatreihen gezogen und den Feldsalat dort ordnungsgemäß mit Erde bedeckt – und anschließend das gesamte Beet breitwürfig mit Samen bestreut. Wenn das stimmt, dass der Dunkelkeimer ist, sollte man die Reihen deutlich sehen, und dazwischen sollte nur wenig aufgehen. Der Kompost ist recht grob, da fallen genug Samen in dunkle Ritzen, sodass in der Fläche auf jeden Fall irgendwas keimen wird – nur sollte es eben weniger sein als in den komplett bedeckten Reihen.

Ein Beet, mehrere Experimente. So muss das ! (c:

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